Wie war Elvis wirklich?
"Priscilla" kratzt jetzt am Mythos Elvis
Echte Fans von Elvis Presley sollten einen Bogen um diesen Film machen, denn der "King" kommt hier nicht besonders gut weg…
Vergessen sie jetzt mal ganz kurz Baz Luhrmanns Bombast-Biopic "Elvis" von 2022. Auch wenn "Priscilla" (Kinostart am 4. Jänner) von Sofia Coppola ("Lost in Translation") nicht als direkte Antwort auf Luhrmanns Glitzerstreifen zu sehen ist, wird hier doch eine andere Version der gleichen Geschichte erzählt. Und in dieser ist Elvis Presley zwar auch eine gottähnliche Erscheinung, die die Musik und das Showbiz für immer verändern sollte. Aber er ist hier gleichzeitig auch ein drogen-,tabletten- und vor allem herrschsüchtiger Despot, dessen Beziehung seiner Frau Priscilla immer toxischer wird.
Bevor es toxisch wird, wird es davor aber märchenhaft. Basierend auf Priscilla Presleys Biografie "Elvis und ich" erzählt der Film vom Kennenlernen des 1959 24 Jahre alten Elvis und der erst 14-Jährigen Priscilla auf einem Militärstützpunkt in Deutschland. Ihr Vater ist dort stationiert und auch Superstar Elvis leistet hier medienwirksam seinen Militärdienst ab. Die Beziehung der beiden steht wegen des großen Altersunterschiedes und keinem guten Stern, auch weil Priscillas Eltern versuchen zu verhindern, was kaum zu verhindern scheint. Erst das Ende von Elvis Militärdienst und seine Rückkehr in die USA scheint die junge Liebe aufhalten zu können, aber zu diesem Zeitpunkt war es tatsächlich längst um beide geschehen. Nach einer zweijährigen Fernbeziehung darf Priscilla Elvis erstmals auf seinem Luxusanwesen in Graceland besuchen, ein weiteres Jahr später läuten die Hochzeitsglocken. Bis hier her klingt alles nach Märchen, mal abgesehen vom erwähnten Altersunterschied und gelegentlichen Drogen, die Elvis Priscilla gibt. Doch nach der Hochzeit stehen immer mehr dunkle Wolken über Graceland.
"Priscilla" zieht Bilanz über Priscillas vierzehn Jahre an der Seite von Elvis Presley.
"Priscilla" ist nicht die Geschichte einer großen Liebe und nicht die Geschichte eines gefeierten Superstars. "Priscilla" ist die Geschichte einer einsamen Frau, die in einem goldenen Käfig gefangen ist. Freunde hat Priscilla im Film zunächst keine, denn fremde Menschen sind in Graceland verboten. Und Elvis zeigt sich immer stärker als unkontrollierbarer Choleriker, der gleichzeitig aber versucht, alles und jeden um sich herum zu kontrollieren. Die beiden Hauptdarsteller Cailee Spaeny ("Der Hexenclub") und Jacob Elordi ("The Kissing Booth") sind absolute Traumbesetzungen. Spaeny spannt einen fulminaten Charakterbogen von der unterwürfigen Schülerin Priscilla bis hin zur starken Persönlichkeit, die sich 1973 mit erst 28 Jahren von Presley scheiden lässt. Und Elordi, der bisher nur in "netten" Rollen gepunktet hat, lässt als Elvis ein überraschend grandioses Monster raushängen.
Wie "historisch" die im Film beschriebenen Situationen tatsächlich sind, weiß wohl nur Priscilla Presley (78) selber, die auch als ausführende Produzentin hinter dem Projekt steckt. Die im Jänner 2023 verstorbene Tochter der beiden, Lisa Marie Presley, sprach sich in Mails gegen das Drehbuch des Films aus, das sie von Regisseurin Coppola erhalten hatte und meinte: "Mein Vater wird hier nur als Jäger und manipulativ dargestellt. Als seine Tochter sehe ich nichts von meinem Vater in dieser Figur. Ich lese das und sehe nur eine rachsüchtige und verächtliche Perspektive und ich verstehe auch nicht, warum!"
So verwundert es auch nicht, dass der Nachlass der Familie Presley jegliche Verwendung der Musik von Elvis Presley untersagt hat, was für einen Film, der auch stark von Elvis Presley handelt, etwas absurd wirkt. Dafür, dass der Film dann trotzdem auch musikalisch einiges zu bieten hat, sorgte Coppolas Ehemann Thomas Mars von der Band Air, der den Soundtrack des Film fast schon wie eine Ansammlung an Musikvideos für den Film zusammengestellt hat. Als Elvis-Fan ist "Priscilla" sicher keine leichte Kost, der Film feiert hier nicht den "King" Elvis, sondern die zunächst einsame Frau und dann immer stärkere Frau, die es überstanden hat, mit ihm zu leben. Den Karrieren der beiden Hauptdarsteller wird "Priscilla" eindeutig gut tun...