Georgien

Polizei geht gewaltsam gegen Europa-Demonstranten vor

Nach Massenprotesten zog die georgische Regierung ihr Gesetz zur "ausländischen Einflussnahme" zurück. Jetzt soll es doch durchgesetzt werden.

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    Tausende Georgier gingen Ende April / Anfang Mai in Massenprotesten gegen das neue Gesetz über "ausländischen Einflussnahme" auf die Straße. Die Polizei antwortete mit Gewalt.
    Tausende Georgier gingen Ende April / Anfang Mai in Massenprotesten gegen das neue Gesetz über "ausländischen Einflussnahme" auf die Straße. Die Polizei antwortete mit Gewalt.
    IMAGO/SNA

    Bei einer Demonstration mit Tausenden Teilnehmern in der georgischen Hauptstadt Tiflis gegen ein geplantes Gesetz zur "ausländischen Einflussnahme" sind nach Regierungsangaben 63 Demonstranten festgenommen worden.

    Die Polizei setzte am Dienstagabend Tränengas, Gummigeschosse und Wasserwerfer gegen die friedliche Demonstration ein, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP beobachtete.

    Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell verurteilte die Gewalt der Sicherheitskräfte am Mittwoch scharf. Für den Abend wurden weitere Proteste erwartet.

    Das Innenministerium teilte mit, 63 Demonstranten seien wegen "Ungehorsams gegenüber der Polizei und Rowdytums" festgenommen worden. Die Polizei habe "legitime Gewalt" angewendet, nachdem die Proteste "gewalttätig geworden und Demonstranten in eine verbale und physische Konfrontation mit den Ordnungskräften eingetreten waren".

    Polizisten prügeln los

    Mehrere Journalisten wurden trotz eindeutiger Kennzeichnung angegriffen, darunter ein AFP-Fotograf. Maskierte Bereitschaftspolizisten schlugen auf Demonstranten ein, wie ein AFP-Journalist berichtete.

    Der Vorsitzende der größten Oppositionspartei, die pro-westliche Vereinte Nationalbewegung des inhaftierten Ex-Präsidenten Michail Saakaschwili, musste medizinisch versorgt werden.

    Örtliche Fernsehsender zeigten Aufnahmen, in denen das Gesicht von Korruptionsjäger Lewan Chabeischwili mit fehlenden Zähnen zu sehen war.

    Die pro-europäische Präsidentin Salome Surabischwili, die der Regierungspartei sehr kritisch gegenübersteht, rief den Innenminister auf, das harte Vorgehen gegen die friedliche Demonstration und "den Einsatz unverhältnismäßiger Gewalt" sofort zu beenden.

    "Das Recht auf friedlichen Protest wird dem georgischen Volk verweigert. Das georgische Volk kann und wird nicht zum Schweigen gebracht werden! Nein zum russischen Gesetz!", schrieb sie auf X.

    Die Demonstration vor dem Parlament wurde trotz Wasserwerfern und Tränengas bis nach Mitternacht fortgesetzt.

    Darum kommt es zu den Groß-Demos

    Streitpunkt ist ein geplantes Gesetz zur "ausländischen Einflussnahme". Die Putin-nahe Regierungspartei Georgischer Traum hatte Anfang April angekündigt, den vor einem Jahr nach Massenprotesten mit Zehntausenden Teilnehmern zurückgezogenen Gesetzentwurf in geänderter Fassung erneut zur Abstimmung zu bringen. Mitte April wurde die Vorlage in erster Lesung angenommen.

    Der Gesetzentwurf sieht vor, dass sich Organisationen, die zu mindestens 20 Prozent aus dem Ausland finanziert werden, behördlich registrieren lassen müssen. Kritiker sehen Parallelen zum Gesetz gegen "ausländische Agenten" in Russland, das es den dortigen Behörden erlaubt, massiv gegen kritische Medien und Organisationen vorzugehen.

    Georgien ist offizieller EU-Kandidat

    Das neue Gesetzesvorhaben löste erneut Massenproteste aus. Auch die EU forderte Tiflis dazu auf, das Gesetz fallen zu lassen. Georgien ist seit Dezember offiziell EU-Beitrittskandidat.

    Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell verurteilte die Gewalt gegen die "friedlichen" Proteste scharf. Mit Verweis auf Georgiens EU-Kandidatenstatus forderte er die Regierung in Tiflis im Onlinedienst X auf, "das Recht auf friedliche Versammlung zu gewährleisten". Die Anwendung von Gewalt "zu ihrer Unterdrückung ist inakzeptabel".

    Präsidentin gegen Gesetz chancenlos

    Der Gesetzesentwurf muss insgesamt drei Lesungen im Parlament durchlaufen. Am Mittwoch sollte mit der zweiten Lesung fortgefahren werden. Zwar kann Präsidentin Surabischwili ihr Veto einlegen, doch verfügen die russlandnahen Abgeordneten im Parlament in Tiflis über eine ausreichende Mehrheit, um ihr Veto zu überstimmen.

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