Wien
Polit-Mieter im Gemeindebau – Zwei Drittel ohne Vertrag
In vielen Gemeindebauten sich auch Vereinslokale eingemietet. Der Stadtrechnungshof fand heraus: Nur bei 30 von 98 Fällen sind die Verträge vorhanden.
Mietverhältnis ohne Mietvertrag? Bei Wiener Wohnen scheint das zu gehen – zumindest wenn es sich beim Mieter um eine politische Partei handelt, die entweder Räume als Vereinslokale oder Flächen für Schaukästen gemietet hatten. Das fand nun der Wiener Stadtrechnungshof heraus, der sich auf Verlangen der FPÖ die Mietverhältnisse genauer anschaute.
SPÖ ist Schaukasten-Kaiser
Apropos Schaukästen: Hier hat ganz klar die SPÖ die Nase vorne. Nicht weniger 239 Schaukästen hat die SPÖ an diversen, von Wiener Wohnen verwalteten Wohnhäusern montiert. Dahinter kommen die FPÖ mit sieben und die KPÖ mit genau einem in der Baumgasse 29-31 in Wien-Landstraße.
Unter dem Titel "Unternehmung Stadt Wien – Wiener Wohnen, Bestandsverhältnisse der Stadt Wien und ihrer Unternehmungen mit politischen Parteien" wurde besonders Augenmerk darauf gelegt, "ob spezielle Compliance-
richtlinien und Sorgfaltspflichten bei Vertragsabschlüssen mit politischen Parteien und ihnen nahestehenden Organisationen vorlagen."
Hier wurde geprüft
Die Prüfung ergab, "dass für die 98 prüfungsrelevanten Objekte lediglich 30 Verträge schriftlich vorlagen. Laut Aussage der geprüften Stelle wurden alle vorhandenen Verträge im AP-System eingescannt, sodass davon auszugehen war, dass zu den restlichen 68 Objekten keine Verträge mehr vorhanden waren", heißt es in dem Bericht.
Stadtrechnungshof prüfte auch SPÖ-Parteizentrale
Unter den geprüften Häusern ist auch die Liegenschaft in der Löwelstraße 18 in der Wiener Innenstadt. Das Gebäude gehört der Stadt, Mieter ist die SPÖ, die hier ihre Zentrale hat. Wie die Mietverträge zeigen, beträgt die monatliche Gesamtmiete für alle in diesem Objekt befindlichen Räumlichkeiten im Jahr 2020 exakt 14.322,79 Euro. Derzeit befasst sich auch der unabhängige Parteien-Transparenz-Senat mit den Mietverträgen.
Wasserschaden und falsche Ablage
Auf die Frage, warum nur weniger als die Hälfte der geltenden Verträge vorlagen, gab die geprüfte Stelle an, dass einerseits Wasserschäden in der Registratur einen Teil der Unterlagen vernichtet hätten. Andererseits wären externe Gutachterinnen bzw. Gutachter beauftragt worden, speziell bei Lokalmietverträgen das angemessene Entgelt zu ermitteln. Zu diesem Zweck wären den bestellten Gutachterinnen bzw. Gutachtern die Mietverträge übermittelt worden. Im Zuge der Rückübermittlung der Verträge wäre es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer falschen Ablage einzelner Mietverträge gekommen, sodass diese nunmehr nicht mehr auffindbar wären.
Immerhin: Was die Höhe der von den politischen Parteien bezahlten Mieten anbelangt, gab es von Seiten des Stadtrechnungshofs keine Beanstandungen. Die Prüfer stellten fest, dass die Mieten bezahlt und das Mietgesetz sowie das Mietrechtsgesetz eingehalten wurden. Also bei den Mietverhältnissen, bei denen Unterlagen verfügbar waren…
Vertraglich vereinbart: Keine Indexierung der Mieten
Aber: Bei mehreren Verträgen sei ein Verzicht auf die sonst üblichen Indexierung – also Anhöhung – der Mieten vereinbart. Das führt dazu, dass diese Mieten, entgegen derer von Hunderttausenden Gemeindebaumietern, über Jahre nicht angepasst wurden.