Insolvenzen auf Rekordkurs

Pleitewelle: "Klima schlimmer als am Pandemie-Gipfel"

Die Firmenpleiten sind im ersten Halbjahr um 27 Prozent gestiegen. Die Erwartungen der Firmen sind so pessimistisch wie seit 30 Jahren nicht mehr.

Newsdesk Heute
Pleitewelle: "Klima schlimmer als am Pandemie-Gipfel"
Die Firmenpleiten in Österreich liegen laut dem Gläubigerschutzverband Creditreform auf Rekordkurs.
Getty Images/iStockphoto

Die Firmenpleiten in Österreich liegen heuer auf Rekordkurs! Im ersten Halbjahr 2024 sind die Insolvenzen um rund 27 Prozent auf 3.363 Verfahren gestiegen. Für das Gesamtjahr 2024 rechnet der Gläubigerschutzverband Creditreform mit mehr als 7.200 Firmeninsolvenzen und damit mit einem neuen Rekord seit 15 Jahren.

Die Zahl der eröffneten Verfahren steigt dabei gar um 34,6% auf rund 2.100. Die mangels Vermögen abgewiesenen Insolvenzen erhöhen sich um 14,7% auf 1.264.

Schlimmer als am Pandemie-Höhepunkt

Am stärksten stieg die Pleitewelle in den ersten sechs Monaten in Vorarlberg (74,1 Prozent), dem Burgenland (67 Prozent) und der Steiermark (33,2 Prozent). Die höchste Insolvenzbetroffenheit herrscht in der Bundeshauptstadt mit fast 15 Insolvenzen pro 1.000 Unternehmen, die geringste in Tirol mit 5 von 1.000 Unternehmen. Generell sind Unternehmen im Osten stärker insolvenzgefährdet.

Die Firmeninsolvenzen sind im ersten Halbjahr 2024 massiv angestiegen.
Die Firmeninsolvenzen sind im ersten Halbjahr 2024 massiv angestiegen.
Grafik: Creditreform

Laut Creditreform-Geschäftsführer Gerhard M. Weinhofer spielt die Pandemie inzwischen keine Rolle. Verantwortlich sei stattdessen die wirtschaftliche Flaute: "Die Auftragsbücher leeren sich zunehmend, die Kosten steigen aber weiter. Die Unternehmen kämpfen an zahlreichen Fronten und verlieren immer öfters diesen Kampf", betont Weinhofer.

Laut einer Creditreform Umfrage vom Frühjahr unter 1.400 österreichischen Unternehmen ist das Geschäftsklima der heimischen Unternehmen negativer als am Höhepunkt der Pandemie, geprägt von sinkenden Erträgen und Aufträgen sowie einer geringen Investitionsbereitschaft. Die Auftragserwartungen sind so pessimistisch wie seit 30 Jahren nicht. Die Insolvenzpassiva belaufen sich auf rund 11,2 Mrd. Euro. 11.000 Arbeitsplätze sind betroffen.

Fünf Benko-Firmen unter den Top 10 Insolvenzen

Geprägt war das erste Halbjahr vor allem durch die Pleitewelle bei René Benko. Unter den Top 10 Insolvenzen nach Verbindlichkeiten sind gleich fünf Firmen mit Bezug zum Immojongleur oder seiner Signa-Gruppe. Hinzu kommen weitere bekannten Unternehmen wie Fisker GmbH, Windhager Zentralheizung Technik GmbH oder Brucha GmbH.

Am stärksten steigen die Insolvenzen in der Sachgütererzeugung (Industrie) mit einem Plus von 44,6 Prozent im Kredit- und Versicherungswesen und im der Branche Verkehr- und Nachrichtenübermittlung (Transportwesen) mit einem Anstieg von 44,4 Prozent. Trotz des großen prozentuellen Zuwachses ist die Industrie nach wie vor im Branchenvergleich betrachtet krisenresistenter als andere. Laut Gläubigerschutzverband Creditreform kämpft die Industrie aber an mehreren Fronten gleichzeitig: Auftragsrückgänge, hohe Löhne und Energiekosten, Fachkräftemangel und bürokratische Hürden..

Die meisten Insolvenzen werden im Handel (625), im Bauwesen (598) und in den Unternehmensbezogenen Dienstleistungen (500) angemeldet. Der Handel leidet durch den rückläufigen Binnenkonsum. Der Bau kämpft mit hohen Kosten und hohen Zinsen. Die größte relative Insolvenzbetroffenheit herrscht im Transportwesen und im Bau mit jeweils rund 25 Insolvenzen von 1.000 Branchenunternehmen.

Privatinsolvenzen nicht gestiegen

Die Zahl der Privatinsolvenzen ist quasi gleichgeblieben. Trotz anhaltender Krisen-Stimmung gab es in den ersten sechs Monaten des Jahres nur rund 0,5 Prozent mehr Verfahren. „Trotz steigender Arbeitslosigkeit und wachsender Kosten für die Lebenserhaltung stagniert die Privatinsolvenzentwicklung und bleibt sogar unter dem Vor-Corona-Niveau“, betonte Gerhard M. Weinhofer.

Der Creditreform-Geschäftsführer macht dafür das feinmaschige soziale Netz und die hohen Lohnabschlüsse verantwortlich. Am stärksten zulegt haben Privatinsolvenzen in Tirol, wo ein Zuwachs von zehn Prozent zu verzeichnen ist. Den stärksten Rückgang gab es mit knapp 15 Prozent im Burgenland.

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    Auf den Punkt gebracht

    • Die Firmenpleiten in Österreich haben im ersten Halbjahr 2024 um rund 27 Prozent auf 3.363 Verfahren zugenommen, und es wird erwartet, dass die Gesamtzahl der Firmeninsolvenzen in diesem Jahr einen neuen Rekord seit 15 Jahren erreichen wird
    • Die Pleitewelle wurde hauptsächlich durch wirtschaftliche Flaute und bürokratische Hürden verursacht, wobei die Insolvenzpassiva rund 11,2 Mrd
    • Euro betragen und 11.000 Arbeitsplätze betroffen sind
    • Insbesondere die Industrie, der Handel und das Bauwesen sind von den Insolvenzen stark betroffen, während die Zahl der Privatinsolvenzen nahezu unverändert geblieben ist
    red
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