Heute For Future-Award 2024
Pilotprojekt für Bürgerbeteiligung bei Windkraft
Im Jahr 2023 wurden Pläne für die Errichtung von Windkraftanlagen im Bezirk Waidhofen/Thaya entwickelt. Die Bevölkerung sollte dabei eingebunden sein.
NAME DES PROJEKTS: Pilotregion der Windkraftbürgerbeteiligung
PROJEKTTRÄGER: KEM Thayaland
KATEGORIE: Gemeinden/Städte/Institutionen
THEMENBEREICH: Energie
TEILNEHMERZAHL: 11.000 (Bevölkerung in den 5 Standortgemeinden)
GEBURTSJAHR DES PROJEKTS: 2023
WIRKUNGSFELD: Die Region
INSTITUTIONALISIERT ALS: In die Verwaltung integriert
REGION: Bundesland Niederösterreich
Heute For Future-Award im Gespräch mit Christina Hirsch
Worum geht es beim Projekt "Pilotregion der Windkraftbürgerbeteiligung"?
Im Jahr 2023 wurden Pläne für die Errichtung von Windkraftanlagen im Bezirk Waidhofen/Thaya entwickelt, bei der die Frage aufgeworfen wurde, wie die Größe der verschiedenen Windparks zwischen den Gemeinden abgestimmt werden sollte und wie die Bevölkerung möglichst gut in diesen Prozess eingebunden werden und wie diese und die gesamte Region am besten von den Windkraftanlagen profitieren können.
Die politischen Vertreter im Bezirk Waidhofen/Thaya haben sich deshalb darauf geeinigt, dass die Vorteile auf die Gemeinden aufgeteilt werden sollen, und deshalb wurde mit den Windkraftbetreibern ausverhandelt, dass die Standortgelder der Windkraftanlagen nicht nur an Grundbesitzer und Standortgemeinde, sondern auch über die Kleinregion Zukunftsraum Thayaland der gesamten Region zugutekommen soll.
Außerdem wurde verhandelt, dass die Bevölkerung in der Standortgemeinde und die Gemeinden bei einer Zustimmung zum Projekt über 10 Jahre vom Windkraftbetreiber, in diesem Fall der WEB Windenergie AG, einen maximalen Strompreis von 11,9 ct/kWh netto zugesichert bekommt (Im Zeitraum von 08.2024 bis 07.2026 wird der Strompreis auf 9,90 ct/kWh netto reduziert).
Es kann jederzeit ein anderer Tarif, auch von anderen Anbietern genutzt werden, aber diese Zusicherung wirkt als regionale Strompreisbremse über 10 Jahre in den Standortgemeinden mit 100% Ökostrom. Mit Inbetriebnahme der Windkraftwerke kann die Energiegemeinschaft im Bezirk bis zu 8% des Windkraftstromes direkt von den Windrädern zu einem fixierten Preis beziehen. Dadurch können alle Gemeinden, also auch die Nachbargemeinden, von den günstigen Windkraftpreisen profitieren.
Außerdem können sich auch alle durch Namensaktien oder Anleihen ebenfalls am Windkraftbetreiber beteiligen und auch so von diesen Projekten finanziell profitieren, nachdem die WEB Windenergie AG traditionell eine Bürgerbeteiligungsgesellschaft ist. Mit der breiten Bürgerbeteiligung, die noch nie so umfassend gemacht wurde, ist der Bezirk Waidhofen/Thaya zu einer Pilotregion der Windkraftbeteiligung und gleichzeitig auch eine Vorzeigeregion zur Diskussion rund um die Windkraftnutzung über dem Wald geworden.
Zeitgleich zu den Verhandlungen und Bemühungen der Gemeinden (KEM Thayaland) initiierte der Unternehmer Thomas Göttinger die Veranstaltungsreihe "Windgespräche". Damit zeigte er sein zivilgesellschaftliches Engagement und organisierte gemeinsam mit einem engagierten Team Bürgerdialoge, um einen respektvollen und differenzierten Austausch zur regionalen Energieversorgung und -entwicklung zu fördern. Thomas Göttinger reichte dieses Projekt auch für den "Heute for Future Award" ein – beide Initiativen verfolgten ein gemeinsames Ziel: die Aufklärung der Bevölkerung für die Windkraft in der Region.
Am 10.3.20024 wurden in den Projektgemeinden Volksbefragungen durchgeführt. Im Vorfeld gab es in den Gemeinden zahlreiche Informationstage, Diskussionsrunden und Exkursionen zu bestehenden Windkraftanlagen. Da im Internet und mit Flugzetteln auch zahlreiche FAKE News zur Windkraft verbreitet wurden, hat Fridays for Future Niederösterreich begonnen, über Windkraft aufzuklären.
Dafür wurde eine eigene Broschüre mit einem Faktencheck zur Windenergie erarbeitet. Dieser kann im Internet abgerufen werden, wurde aber auch gedruckt für die Menschen im Bezirk zur Verfügung gestellt: https://fridaysforfuture.at/windkraft-im-waldviertel Die Gemeinden haben auch Hausbesuche organisiert, um möglichst viele Menschen über die Windkraftprojekte aufzuklären und zahlreiche Unterstützungsinitiativen sind - wie von Fridays for Future Niederösterreich - auch direkt aus der Bevölkerung heraus entstanden und haben zu einer breiten Debatte über die Energiewende geführt.
Bei den Volksbefragungen hat sich die Bevölkerung am 10.3.2024 für insgesamt 13 Windkraftanlagen mit 7,2 MW Leistung in 3 Standortgemeinden ausgesprochen. Damit kann Strom für über 50.000 Haushalte erzeugt werden und damit das Waldviertel ein Stück mehr unabhängig von Energieimporten gemacht werden, während die lokale Bevölkerung von den niedrigen Strompreisen profitiert.
Was sollte geschehen, damit Ihre praktische Arbeit erleichtert wird? Wer sollte aktiv werden?
Die Vereinfachung des Zugangs zu öffentlichen Fördermitteln für Expertinnen und Experten, welche die Gemeinden/Institutionen/Einrichtungen bei Bürgerinitiativen unterstützen.
Was zeichnet Ihr Projekt aus bzw. wie unterscheidet es sich von anderen?
Es ist ein holistischer Ansatz für die gesamte Region und nicht nur für die betroffenen Standortgemeinden:
• Standortgelder über die Kleinregion auch für Nachbargemeinden
• Strompreisdeckel für Bürgerinnen und Bürgern in den Standortgemeinden bis 2034
• Strom aus den Windparks für regionale Energiegemeinschaft (auch für die Nachbargemeinden)
• Volksbefragungen über die Standorte der Windkraftwerke
• Beteiligungsmöglichkeit durch Aktien oder Anleihen beim Windkraftbetreiber WEB Windenergie AG ebenfalls möglich
Glauben Sie, dass Ihr Projekt auch anderswo durchgeführt werden könnte?
Ja, auch anderswo in Österreich.
Welche Voraussetzungen sollten erfüllt sein, dass Ihr Projekt anderswo nachgemacht werden könnte?
Gute Windbedingungen und geeignete Standorte sowie passende gesetzliche Rahmenbedingungen und politische Unterstützung. Engagierte Personen, die das Projekt aktiv vorantreiben und die Bevölkerung mobilisieren.
Weitere Informationen: https://www.heute.at/heuteforfutureaward