Tränen bei den Spielern
ORF schaltet EM-Wunder ab, zeigt lieber Ski-Analyse
Das österreichische Handball-Nationalteam steht sensationell im Hauptbewerb der EM. Die Freude kannte nur auf ORF eins Grenzen …
Österreich gelang das Handball-Wunder! Superstar Mykola Bilyk und Co. warfen bei der EM in Deutschland Vize-Europameister Spanien raus, schafften den Einzug in die Hauptrunde. Neun Sekunden vor dem Ende glich Janko Bozovic für Rot-Weiß-Rot aus, machte die Sensation perfekt.
Die Spieler lagen sich in den Armen. Tränen flossen. Auf den Tribünen feierten die nach Deutschland mitgereisten Fans eine der größten Sternstunden des heimischen Sports.
Bitter: Auf ORF eins bekamen die Fans nur die absolute Schlussphase des Spiels mit, wurden den großen Emotionen und denkwürdigen Momenten danach beraubt. Denn: Im Hauptabendprogramm musste der Handball "König Ski" weichen, zeigte der Hauptkanal des Öffentlich-Rechtlichen das Nachtrennen von Flachau. Soweit verständlich. Der ORF muss Verträge erfüllen, zeigt den Ski-Weltcup traditionell am Einser. Der alpine Sport genießt bekanntlich einen hohen Stellenwert bei den Fans.
Was nur schwer zu begreifen ist, war die Entscheidung, nicht in der Handball-Halle zu bleiben, als der Slalom längst entschieden war, Katharina Liensberger als beste Österreicherin längst nur als Siebente abgeschwungen hatte. Sogar die Siegerinterviews mit Mikaela Shiffrin und den Podest-Fahrerinnen Petra Vlhova und Sara Hector waren bereits absolviert und ausgestrahlt.
Die Handball-Helden wurden wieder auf ORF Sport + geschaltet. Während ein EM-Star nach dem anderen emotionale und starke Interviews gab, wechselte ORF eins erst von der Analyse in die Werbung, später zum vorab aufgezeichneten Comedy-Talk "Willkommen Österreich". Übrigens: Schon das heroische Unentschieden gegen Gigant Kroatien hatte der ORF am Sonntag nur im Spartenkanal gezeigt. Am "Einser" lief ein Spielfilm.
Dabei sei erwähnt, dass die Übertragung auf Sport + der Leistung der Handballer um wenig nachstand. ORF-Mann Johannes Hahn und Experte Conny Wilczynski transportierten die Emotionen von der Halle in die Wohnzimmer, überzeugten mit launigen Kommentaren und der Expertise aus 127 ÖHB-Teamspielen des Ex-Stars Wilczynski. Schade! Diese Leistungen hätten sich die größte Bühne verdient gehabt.
Die Österreich-Stimmen
"Ich bin so, so stolz. Es ist unglaublich, was wir geschafft haben. Wir haben grade den Vize-Europameister und Bronze-Gewinner der WM heimgeschickt", sagte ÖHB-Star Sebastian Frimmel nach dem sensationellen Erfolg. Teamchef Ales Pajovic war von seinen Emotionen übermannt: "Ich habe keine Worte. Es ist unglaublich. Ich habe in der Kabine gesagt: Zwei Mal 30 Minuten und dann reden wir in Köln."
Mit dem Unentschieden stehen die Österreicher als Gruppenzweiter im Hauptbewerb in Köln der Europameisterschaft, treffen am Samstag auf Gastgeber Deutschland. Zuvor muss die Mannschaft von Pajovic schon am Donnerstag gegen Ungarn ran und nach dem Schlager am Montag spielt das ÖHB-Team gegen Frankreich. Als viertes und letztes Spiel in der Hauptrunde geht es für die Österreicher gegen Island am 24. Jänner.
Der Weg ins Halbfinale könnte also schwieriger kaum sein.