Die Schweizer Klimaseniorinnen haben den Staat, wegen dessen Klimapolitik verklagt. Der EGMR gab ihnen recht.
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Mit Spannung wurde am Dienstag ein Urteil am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) erwartet. Die Schweizer "Klimaseniorinnen" haben den Staat wegen dessen Klimapolitik verklagt. Der Gerichtshof mit Sitz in Straßburg gab ihnen recht.
„Heute ist ein historischer Tag für den Klimaschutz. Das Gericht hat die Bedrohung der Menschenrechte durch die Klimakrise erkannt. Das ist ein wichtiger Schritt im Kampf für mehr Klimaschutz in Europa.“
Jasmin DureggerGreenpeace
Der 2016 gegründete Verein "Klimaseniorinnen" hat den Staat wegen dessen Klimapolitik verklagt. Im Wesentlichen ging es bei der Klage um die Frage, ob ein Staat den Ausstoß von Treibhausgasen reduzieren muss, um die Menschenrechte der eigenen Bevölkerung zu schützen.
Die Rentnerinnen argumentierten in ihrer Klage, dass vor allem die ältere Bevölkerung unter dem Temperaturanstieg durch den Ausstoß von Treibhausgasen leide. Weil die Schweiz zu wenig für den Klimaschutz tue, gefährde sie die Rechte der älteren Bevölkerung. Deshalb haben sie die Schweiz vor dem EGMR verklagt.
Das Gericht hat der Klage nun stattgegeben. Dabei hat man eine Verletzung von Artikel 8 und 6 der Menschenrechtskonvention festgestellt. Mit Artikel 8 ist das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verletzt, mit Artikel 6 der Zugang zum Gericht.
Das Urteil hat eine große Signalwirkung. So müssen sich 46 Mitgliedstaaten des Europarats künftig danach richten. Der EGMR hat sich zwar zuvor schon mit Umweltauswirkungen wie Lärm oder Luftverschmutzung auseinandergesetzt, aber noch nie mit den CO2-Emissionen eines Landes.
„Wir hoffen auf ein Leiturteil, dass Klimaschutz eine menschenrechtliche Frage ist und nicht nur eine bloße Absichtserklärung.“
Klimaseniorin Stefanie Brandervor der Anhörung gegenüber der dpa
Der EGMR gehört zum Europarat und ist für die Einhaltung der Menschenrechtskonvention zuständig. Im Europarat sitzen die EU-Staaten, aber auch andere große Länder wie die Türkei oder Großbritannien. Spräche sich dieses supranationale Gericht nun etwa für strengere Vorgaben beim Klimaschutz aus, hätte das in jedem Fall große Signalwirkung.
Klimaklage in Österreich kommt erneut vor Gericht
Einen ähnlichen Fall gab es im vergangenen Jahr in Österreich. Damals hatten zwölf Kinder und Jugendliche die Republik vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) verklagt, weil sie ihre Zukunft durch fehlende oder unzureichende Klimaschutzmaßnahmen der Bundesregierung gefährdet sahen.
Der Verfassungsgerichtshof hatte die Klage im Sommer aus formellen Gründen jedoch abgewiesen. Anwältin Michaela Krömer brachte die Klage daraufhin mit leichten Modifikationen erneut beim VfGH ein.
Die Versiegelung der Böden wird in Österreich zunehmend zu einem großen Problem. Betonflächen können kein Wasser aufnehmen. Die Gefahr von Bergstürzen, Muren und Überschwemmungen steigt. Im Bild: Tennengau, Salzburg.
Aufgrund der Klimakrise werden die Sommer in Wien jedes Jahr heißer. Die Stadt wird zu einer urbanen Wärmeinsel, auf der sie nachts nicht auskühlt, da Beton die Wärme speichert. Viele Menschen haben mit der Hitze zu kämpfen - sie verursacht jedes Jahr schwere Gesundheits- und Schlafprobleme. 766 Menschen starben 2018 in Österreich an den Folgen von Hitzewellen.
Zahlreiche Starkregenereignisse haben im Sommer - wie hier im Bild im Raum Hochburg-Ach in Oberösterreich - zu Hochwasser, Überschwemmungen und Vermurungen geführt.
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Hochwasserereignisse nehmen in Zeiten der globalen Klimakrise weiter zu. Die Feuerwehr ist in den letzten Jahren im Sommer im Dauereinsatz, wie hier im Bild in Wimpassing an der Pielach.
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Durch extreme Witterung mit anhaltendem Starkregen kommt es in Zeiten der globalen Klimakrise verstärkt zu Murenabgängen und Überflutungen (im Bild Raum Loosdorf in Niederösterreich).
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Neusiedler See: Durch den Klimawandel droht Österreichs zweitgrößter See auszutrocknen. Dies ist auf weniger Niederschläge und höhere Temperaturen zurückzuführen.
Auch Almen - wie hier in Voralberg - sind vom Klimawandel betroffen. Durch die Erwärmung verschiebt sich die Baumgrenze in höhere Lagen, wodurch Pflanzen und Bäume intensiver wachsen können. Kühe und andere Alpentiere kommen mit der intensiveren Grünfläche nicht zurecht und Weiden drohen zu verschwinden.
Aufgrund von Wetterextremen sind immer mehr Wälder Umweltgefahren ausgesetzt. Vor allem Stürme haben die Kraft, große Teile des Waldes zu zerstören. Zudem sind viele Wälder durch Krankheiten und Schädlinge geschwächt und dadurch anfälliger für Stürme.
Die Fichte ist stark vom Klimawandel betroffen. Sie kann sich nicht an die hohen Temperaturen und Hitzewellen anpassen und wird daher anfälliger für Schädlinge wie den Borkenkäfer.
Die Alpengletscher (im Bild der Gletscher Schlatenkees im Nationalpark Hohe Tauern) haben in den letzten 100 Jahren aufgrund steigender Temperaturen und unterschiedlicher Regen- und Schneefälle bereits 50 Prozent ihres Eises verloren.
Gletscherschmelze in Österreich. Es ist nicht so wichtig, wie viel Schnee jeden Winter fällt, sondern wann. Und neuerdings kommt Schnee viel später im Jahr und hat daher keine Zeit, sich im Eis festzusetzen.
Durch den Klimawandel tauen Permafrostgebiete auf. Permafrost hat die wichtige Funktion, Berge stabil zu halten. An der Wetterstation Sonnblick in Salzburg wurden bereits vor Jahren bauliche Maßnahmen gesetzt, um ein Auseinanderfallen des Berges und damit der Sternwarte zu verhindern.
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Zahlreiche Starkregenereignisse haben im Sommer - wie hier im Bild im Raum Hochburg-Ach in Oberösterreich - zu Hochwasser, Überschwemmungen und Vermurungen geführt.
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Hochwasserereignisse nehmen in Zeiten der globalen Klimakrise weiter zu. Die Feuerwehr ist in den letzten Jahren im Sommer im Dauereinsatz, wie hier im Bild in Wimpassing an der Pielach.