Sie fordert 95.000 Euro

OGH: Polizei schützte 16-Jährige nicht vor Gewalt

Ein Wiener metzelte seine Ex-Freundin mit 50 Messerstichen nieder. Das Opfer hatte ihren gefährlichen Ex angezeigt, Betretungsverbot gab es keines…

Thomas Peterthalner
OGH: Polizei schützte 16-Jährige nicht vor Gewalt
Anwältin Sonja Aziz vertrat das Opfer vor Gericht.
HELMUT FOHRINGER/APA/picturedesk.com

Im Wahn stach ein 17-Jähriger im Februar 2020 immer wieder auf seine Ex-Freundin (16) ein. Ein Stich durchbohrte ihr Auge, die junge Wienerin ist seither auf einem Auge blind. 15 Stiche gingen direkt in das Gesicht des Mädchens. Die 16-Jährige überlebte die Attacke ihres Ex-Freundes nur knapp.

50 Mal auf junge Frau eingestochen

Diese Bluttat erschütterte damals ganz Wien: Die 16-Jährige wurde von ihrem Ex-Freund auf dem Heimweg von der Schule verfolgt und in der elterlichen Wohnung attackiert. Der Jugendliche stach mit einer acht Zentimeter langen Klinge 50 Mal auf die junge Frau ein.

Täter wurde eingewiesen

Bei dem Prozess am Wiener Landesgericht stellte die Sachverständige dann beim Täter unter anderem eine schwere Störung des Sozialverhaltens und ein erhöhtes Aggressionspotenzial fest, Reue zeigte er keine. Der Jugendliche wurde schließlich rechtskräftig zu zwölf Jahren Haft verurteilt und in ein therapeutisches Zentrum eingewiesen.

Trotz Anzeige kein Betretungsverbot

Die schreckliche Tat hätte angeblich verhindert werden können: "Zwei Wochen vor dem Mordversuch hat der Täter meiner Mandantin in einem Park ins Gesicht getreten. Sie musste für zwei Tage ins Spital. Sie hat mit ihrer Mutter bei der Polizei Anzeige erstattet und den Beamten geschildert, dass sie mehrmals von ihm geschlagen wurde, dass er sehr eifersüchtig ist und sie ständig kontrollieren will", erklärte Anwältin Sonja Aziz im Gespräch mit "Heute". Trotz der Warnsignale wurde von der Polizei aber kein Betretungsverbot ausgesprochen.

95.000 Euro Schadenersatz

Die junge Wienerin klagte mit Hilfe ihrer Anwältin die Republik, brachte eine Amtshaftungsklage ein. Der Grund: Polizeiversagen – die Exekutive habe Maßnahmen unterlassen, zu denen sie aber verpflichtet gewesen wäre. Die Wienerin forderte 95.000 Euro Schmerzensgeld und Entschädigung. Zwei Instanzen wiesen die Klage ab, doch das Oberlandesgericht Wien ließ eine Revion an den Obersten Gerichtshof (OGH) zu.

OGH gibt Opfer recht

Dieser hob nun die Urteile der Erstgericht auf. Die Beamten hätten falsch gehandelt und der Staatsanwaltschaft dadurch die Möglichkeit genommen, eine U-Haft über den gefährlichen Verdächtigen zu verhängen. "Das schuldhafte Unterlassen solcher Anordnungen kann daher Amtshaftungsansprüche begründen", so der OGH. Nun muss das Erstgericht den Fall erneut prüfen und die OGH-Erkenntnisse dabei berücksichtigen.

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