Tierschützer starten Protest
"ÖVP blockiert Verbesserungen im Tierwohl"
Vor 20 Jahren, im Jahr 2004, wurde in Österreich erstmals ein bundesweites Tierschutzgesetz beschlossen - im Jahr 2008 allerdings wieder ausgehebelt.
Vor 20 Jahren, im Jahr 2004, wurde in Österreich erstmals ein bundesweites Tierschutzgesetz beschlossen. Es brachte durchaus europaweit beachtete Regelungen wie das Verbot der Pelztierhaltung und der Käfighaltung von Legehennen. Auch ein Verbot von Qualzucht war im Gesetz enthalten, wurde aber schon 2008 durch eine "Übergangsregelung" wieder ausgehebelt.
Vor zwei Jahren nun forderte der Nationalrat mit Dreiviertelmehrheit die Regierung auf, das Tierschutzgesetz zu novellieren, um das Qualzuchtverbot endlich wirksam werden zu lassen. Der legislative Prozess wird aber von der ÖVP blockiert. Ein Zusammenschluss aus den Tierschutzorganisationen Vier Pfoten, Verein gegen Tierfarbriken, Tierschutz Austria, dem Tierschutz-Dachverband Pro-Tier und der Tierschutzombudsstelle Wien fordert von der ÖVP, die bereits zugesagte Gesetzesnovelle nicht länger aufzuhalten.
Eine gemeinsame Protestaktion - an der jeder Tierfreund teilnehmen kann - soll an Bundeskanzler Karl Nehammer, ÖVP-Klubobmann August Wöginger und ÖVP-Tierschutzsprecher Josef Hechenberger gesendet werden.
"Sturheit der ÖVP"
"Die mangelnde Bereitschaft der ÖVP zu einer Verbesserung des Tierwohls ist wirklich ärgerlich. Das Verbot der Qualzucht gibt es nun seit bald zwanzig Jahren – und dennoch leiden zahllose Tiere weiter an Atemnot, Taubheit, Gelenksproblemen, Lahmheit, Epilepsie, Herzfehlern, zu dünner Schädeldecke und noch vielem mehr. Das verdanken sie der Sturheit einer Partei, die vor den anstehenden Wahlen ihre Klientel, die Zuchtverbände, nicht vergrämen möchte", sagt Vier Pfoten Kampagnenleiterin Veronika Weissenböck.
Das Verbot, Tiere so zu züchten, dass erbliche Leiden oder Schäden zu erwarten sind, wird im selben Gesetz durch eine "Übergangsregelung" ohne Ablaufdatum unwirksam gemacht. Diese rechtsstaatlich absurde Situation besteht nun schon seit 16 Jahren, obwohl laut Verfassungsgerichtshof so lange Übergangsfristen gar nicht zulässig sind. Dazu Brigid Weinzinger, Vorstandsmitglied von Pro-Tier: "In meinen schlimmsten Alpträumen hätte ich mir nicht vorgestellt, dass 20 Jahre später die Qualzucht-Situation unverändert schlimm ist. Das ist eine Katastrophe für die betroffenen Tiere und ein Politikversagen ersten Ranges."
"Haltungsverbot" ist kurios
Martin Balluch vom Verein gegen Tierfabriken (VGT) ergänzt: "Die Zuchtverbände, allen voran der Österreichische Kynologenverband (ÖKV), machen gegen die vom Nationalrat geforderten Verbesserungen für die Tiere mit absurden Falschmeldungen mobil, die nun auch von der ÖVP mitgetragen werden. So spricht der ÖKV sogar von einem 'Haltungsverbot'. Diese Logik ist wahrlich kurios: Wenn der ÖKV keine Qualzucht mehr betreiben darf, können die Österreicher keine Hunde mehr halten?"
„Als Tierheimbetreiber wissen wir welche Leiden den Tieren aufgebürdet werden“
Auch Tierschutz Austria fordert eine umgehende Reparatur des Tierschutzgesetzes, zumal der Trend zu Hunde- und Katzenrassen, die unter schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen leiden, ungebrochen ist. "Als Tierheimbetreiber wissen wir nur zu gut, welche Leiden den Tieren durch abwegige Zuchtziele aufgebürdet werden. Und neben den betroffenen Tieren werden auch die Halter von der Politik im Stich gelassen und müssen hohe Tierarztkosten tragen, die sie nicht selten überfordern", ist Tierschutz-Austria-Präsidentin Madeleine Petrovic empört.
Die ÖVP hätte viele Gründe, ihre derzeitige Blockadehaltung gegen den Tierschutz zu beenden: Sie hat vor zwei Jahren der Nationalratsentschließung selbst zugestimmt. Die Bestimmung, die Qualzucht weiterhin erlaubt, ist vermutlich verfassungswidrig. Und in einer aktuellen Online-Umfrage des Market-Instituts im Auftrag von Vier Pfoten befürworteten 83 Prozent der Befragten ein Qualzuchtverbot.