Verstoß gegen EU-Recht

Österreicher geht gegen Insta- und Facebook-Abo vor

Wer seine Daten schützen will, muss dafür zahlen. Geht so nicht, sagt Jurist Max Schrems und reicht Beschwerde gegen die Instagram-Mutter Meta ein.

Wolfgang Bartosch
Österreicher geht gegen Insta- und Facebook-Abo vor
Max Schrems, Jurist und Gründer des privaten Datenschutz-Vereins noby
Getty Images

Der Verein noyb hat am Dienstag bei der österreichischen Datenschutzbehörde Beschwerde gegen Meta eingereicht. Europäische Nutzer würden mittlerweile vor die Wahl gestellt, entweder dem Tracking für personalisierte Werbung zuzustimmen – oder bis zu 251,88 Euro pro Jahr für ihr Grundrecht auf Datenschutz auf Instagram und Facebook zu bezahlen, ärgert sich noby-Gründer Max Schrems.

Obwohl Branchenzahlen darauf hinweisen, dass gerade einmal drei Prozent der Menschen getrackt werden wollen, würden sich mehr als 99 Prozent gegen eine Zahlung entscheiden, wenn sie mit einer "Datenschutzgebühr" konfrontiert werden. Sollte Meta damit durchkommen, dürfte die Konkurrenz in Kürze folgen – und Online-Datenschutz unbezahlbar werden.

Meta versucht EU-Datenschutzrecht zu umgehen

Schrems spricht in einer Aussendung von einem weiteren Versuch zur Umgehung des EU-Datenschutzrechts. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) habe demnach im Juli entschieden, dass Metas Umgang mit Userdaten für personalisierte Werbung rechtswidrig ist. Schon zuvor hätte der Europäische Datenschutzausschuss auf Basis einer noyb-Beschwerde von 2018 eine Geldstrafe in Höhe von 390 Millionen Euro verhängt. Außerdem wurde das Unternehmen angewiesen, die Einwilligung von Nutzern einzuholen.

Nun versuche Meta erneut, EU-Recht zu umgehen – und verlange saftige Gebühren, wenn sich User für eine datenschutzfreundliche Option entscheiden. Seit Anfang November müssen Instagram- und Facebook-Nutzer entweder bis zu 251,88 Euro pro Jahr zahlen oder akzeptieren, dass sie für personalisierte Werbung überwacht werden.

Freie Einwilligung zu einem hohen Preis

Nach geltendem EU-Recht ist die Einwilligung zu Online-Tracking und personalisierter Werbung nur gültig, wenn sie freiwillig erteilt wird, so Schrems. Damit solle sichergestellt werden, dass User ihr Grundrecht auf Privatsphäre nur aus freien Stücken aufgeben. Mit Metas neuem System werde allerdings genau das Gegenteil garantiert: Allein für Facebook fällt neuerdings eine "Datenschutzgebühr" von bis zu 12,99 Euro pro Monat an, wenn Nutzer nicht wollen, dass ihre persönlichen Daten für personalisierte Werbung verarbeitet werden. Jedes verknüpfte Konto (z.B. Instagram) kostet weitere 8 Euro.

Kosten deutlich zu hoch

Die Kosten für eine Einzelperson, die Instagram und Facebook nutzt, belaufen sich somit auf insgesamt 251,88 Euro pro Jahr, rechnet noby vor. Zum Vergleich: Meta gibt an, dass der durchschnittliche Umsatz pro Nutzer in Europa zwischen dem dritten Quartal 2022 und dem dritten Quartal 2023 bei 16,79 US-Dollar lag. Das entspricht einem Jahresumsatz von nur 62,88 Euro pro Nutzer - und zeigt die unverhältnismäßigkeit der monatlichen Gebühr.

Felix Mikolasch, Datenschutzjurist bei noyb: "Das EU-Recht verlangt, dass die Einwilligung den freien Willen der Nutzerinnen und Nutzer darstellt. Im Widerspruch zu diesem Gesetz erhebt Meta eine 'Datenschutzgebühr' von bis zu 250 Euro pro Jahr, wenn jemand es wagt, sein Grundrecht auf Datenschutz wahrzunehmen."

Gebühr macht User gefügig

Alle bisher bekannten wissenschaftlichen Untersuchungen deuten laut noby darauf hin, dass sogenannte "Pay or Okay"-Systeme das Gegenteil zur freien Einwilligung darstellen und den "freien Willen" der Nutzer grundlegend beeinträchtigen. So hätte der CEO des "Pay or Okay"-Anbieters contentpass festgestellt, dass 99,9 Prozent der Besucher dem Tracking zustimmen, wenn sie mit einer Gebühr von 1,99 Euro konfrontiert werden. Gleichzeitig legten Umfragen nahe, dass eigentlich nur drei bis zehn Prozent der Personen wollen, dass ihre persönlichen Daten für gezielte Werbung verwendet werden.

Max Schrems, Vorsitzender von noyb: "Wenn nur drei Prozent der Menschen schwimmen wollen, aber 99,9 Prozent im Wasser landen, weiß jedes Kind, dass das keine "freie" Entscheidung war. Das ist weder besonders clever noch legal – es ist einfach nur erbärmlich, wie Meta das EU-Recht weiterhin ignoriert."

Schrems fürchtet "Dominoeffekt"

Sollte Meta seinen neuen Ansatz erfolgreich verteidigen, könnte das laut Schrems einen Dominoeffekt auslösen. Schon jetzt testet TikTok Berichten zufolge ein werbefreies Abonnement außerhalb der USA. Andere App-Anbieter könnten in naher Zukunft folgen, was den Online-Datenschutz unbezahlbar machen würde, fürchtet der Datenschützer. "Grundrechte gelten normalerweise für alle. Wie viele Menschen würden noch von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen, wenn sie 250 Euro dafür bezahlen müssten? Es gab Zeiten, da waren Grundrechte den Reichen vorbehalten. Es scheint, als wolle Meta uns mehr als hundert Jahre zurückversetzen."

Hohe Geldstrafe soll Nachahmer abschrecken

Angesichts der Schwere der Verstöße und der ungewöhnlich hohen Zahl betroffener Personen fordert noyb die österreichische Datenschutzbehörde auf, ein Dringlichkeitsverfahren einzuleiten, um die illegale Verarbeitung zu stoppen. Darüber hinaus schlägt noyb vor, dass die Behörde eine Geldstrafe verhängt und sicherstellt, dass kein anderes Unternehmen auf eine ähnliche Idee kommt.

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