Wirtschaft

Ökonomin: "4-Tage-Woche wäre derzeit kontraproduktiv"

Der Ruf nach einer 4-Tage-Woche wird auch bei uns immer lauter. Eine Arbeitszeitverkürzung sei jedoch kein Allheilmittel, warnt Ökonomin Köppl-Turyna.

Jochen Dobnik
<strong>Monika Köppl-Turyna</strong> vom Eco Austria Institut und Wirtschaftsforschung.
Monika Köppl-Turyna vom Eco Austria Institut und Wirtschaftsforschung.
Franz Neumayr / picturedesk.com

Die Vier-Tage-Woche wird in vielen Ländern immer populärer. Im weltweit größten Versuch haben nun 61 britische Unternehmen dieses Modell nun getestet. Das Ergebnis: Mitarbeiter sind weniger oft krank, wechseln seltener den Job, sind zufriedener und weniger gestresst. Die Produktivität hat unter der Arbeitszeitverkürzung nicht gelitten. "Wenn man gute Leute in der Branche halten will, dann ist dieser Zug nicht mehr aufzuhalten", so SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch.

Er nimmt Arbeitsminister Martin Kocher in die Pflicht, Arbeitnehmer und Unternehmen bei der Umsetzung einer Vier-Tage-Woche auch hierzulande zu unterstützen. "An der Arbeitszeitverkürzung angesichts der Lage am Jobmarkt führt kein Weg vorbei", ist sich der SPÖ-Sozialsprecher sicher. 

VIDEO: Das sagen die Wiener zu einer Vier-Tage-Woche >>

"Eine Reduktion der Arbeitszeit wäre derzeit kontraproduktiv"

Doch das sei nicht so einfach, rechnet Ökonomin Monika Köppl-Turyna vom liberalen EcoAustria-Institut im Ö1-"Morgenjournal" vor: "Derzeit wird in Österreich genug gearbeitet, um den Sozialstaat zu erhalten, um die Pensionen zu finanzieren. Eine Reduktion der Arbeitszeit wäre derzeit kontraproduktiv, weil wir uns derzeit sowieso schwer tun, Leute zu finden. Und wenn dann bestehende Arbeitskräfte ihre Arbeitszeit reduzieren, dann haben wir wieder weniger geleistete Arbeitsstunden oder es müssen Überstunden geleistet werden. Das würde die Problematik des Arbeitskräftemangels nur verstärken".

4-Tage-Woche nicht in allen Branchen möglich

Eine Arbeitszeitverkürzung sei beispielsweise in Managementberufen, Kreativbranchen oder Dienstleistungen, wo das Digitalisierungspotential groß ist, wie IT-Unternehmen, sicherlich ein Anreiz, "aber ein Polizist oder eine Lehrerin kann nicht seine bzw. ihre Produktivität erhöhen. Auch Gesundheitsberufe, die jetzt schon unter Druck stehen, können nicht in 30 Stunden genauso viel leisten wie in 40 Stunden", erklärt Köppl-Turyna im ORF-Interview. In diesen Branchen würde eine Vier-Tage-Woche auch nicht den gewünschten positiven gesundheitlichen Effekt auslösen, den die britische Studie verspricht.

"Wenn wir bestehende Arbeitszeit reduzieren, dann müssen wir das auch kompensieren, indem wir andere Menschen anstellen – sofern das möglich ist. Viele Unternehmen können sich auch gar nicht leisten, mehr Personal einzustellen. Lohn ergibt sich aus den Umsätzen der Unternehmen. Wenn es durch die Verkürzung zu keinem Produktivitätsanstieg kommt, dann ist auch nicht zu erwarten, dass die Löhne auf Dauer hoch gehalten werden können", so die Ökonomin.

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