Streit um Lehrermangel
"Notbetrieb in vielen Schulen ... speziell in Wien"
Da stimmt was nicht: Das Ministerium verkündet, der Bedarf an Lehrern ist sehr gut gedeckt. Die andere Seite berichtet schon jetzt von Ausfällen.
Reizwort Lehrermangel. Gerade jetzt zu Schulstart ist es eines der meistdiskutierten Themen. Bildung ist ein Mega-Betrieb. 120.000 Lehrer unterrichten in Österreich. Minister Polaschek hat für dieses Schuljahr 8.070 neue Lehrer gesucht. Für diese Jobs gab es mehr als 14.000 Bewerbungen.
Aus dem Ministerium heißt es am Montag gegenüber "Heute", so gut wie heuer habe man den Bedarf an Lehrern nie zuvor decken können. Ein Rundruf in Österreich ergibt: Nicht überall ist man voll besetzt.
"Mobile Teams" ersetzen fehlende Lehrer
Beispiel Salzburg: Hier fehlen 25 Lehrer. Aus der Bildungsdirektion heißt es zu "Heute": "Das stimmt, aber das sind nicht alles Vollzeitstellen." Aktuell werden diese Personen ersetzt durch "mobile Teams" oder "Mehrdienstleistungen" – also andere Lehrer übernehmen die Stunden.
Eine Ursache für fehlende Lehrer: "Allein in der Vorwoche wurden uns 10 Krankenstände und Karenzen gemeldet." Diese Stellen werden in der nächsten Runde wieder ausgeschrieben.
Schulstart in Wien 2024/25
"Es ist eine Negativspirale..."
Anruf bei Christine Haslauer, Personalvertreterin der Salzburger Lehrer. Sie sagt zu "Heute": "Kein Mensch weiß derzeit wie viele wirklich fehlen." Und weiter: "Es ist eine Negativspirale. Jetzt geht es sich gerade noch aus, aber schon bei der ersten Krankheitswelle stoßen die Kollegen an ihre Grenzen."
Niederösterreich, Kärnten und die Steiermark melden beim Rundruf der Bildungsdirektionen, dass alle Stellen besetzt sind. Es herrsche kein Lehrermangel. Beispiel Steiermark, da heißt es aus der Bildungsdirektion: "Mit dem Schulstart am 9. September 2024 haben alle zugewiesenen Lehrkräfte ihren Dienst angetreten. Es kann vereinzelt vorkommen, dass Berufseinsteiger ihre Stelle nicht antreten. Diese Fälle bewegen sich jedoch im minimalen Promillebereich."
Wien: Hier wurden für das aktuelle Semester laut Bildungsministerium 1.800 Lehrer gesucht. Aus der Bildungsdirektion heißt es jetzt: "Die Bildungsdirektion für Wien hat mit Schulstart 2024 1.600 neue Pädagogen angestellt, rund 1.000 an einer Pflichtschule." Fazit: "Alle Klassen haben (klassenführende) Lehrkräfte", das Schuljahr habe laut Auskunft gut angefangen.
Lehrergewerkschafter Thomas Krebs widerspricht heftig: "Kinder und Eltern erleben ja, dass etwas nicht stimmt. In vielen Schulen gibt es einfach einen Notbetrieb. Speziell im Ballungsraum Wien."
„Schulleitung muss selbst die offenen Stunden unterrichten“
Krebs beschreibt zwei Beispiele: "Eine Schulleitung einer Volksschule berichtet, dass der Betrieb in zwei Klassen nur deshalb aufrechterhalten werden kann, weil teilbeschäftigte Kollegen die Führung der Klassen übernommen haben und die Schulleitung selbst die offenen Stunden unterrichten muss. Das geschieht neben der Leitungstätigkeit, obwohl die Bezahlung der anfallenden Mehrleistungen nicht einmal gesichert ist. In einer anderen Volksschule kann keine Deutsch-Förderung stattfinden, weil die ursprünglich dafür eingeteilte Lehrerin eine plötzlich frei gewordene Klasse übernehmen musste."
Besonders skurril nach der ersten vollen Arbeitswoche: "Etliche Schulen melden, dass eingeplante Lehrer in der Schule gar nicht erschienen sind und die ersten Lehrer angekündigt haben, das Dienstverhältnis zu lösen."
In wenigen Tagen beginnt wieder Ausschreibung
Die nächste Ausschreibung für Lehrerjobs ist bereits fixiert: vom 13. bis zum 18. September. Verstärkt gesucht werden laut Bildungsdirektion: "Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, derzeit auch: Sportpädagogen für Mädchen und Pädagogen für Deutsch als Fremdsprache/Deutsch als Zweitsprache."
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Der Artikel beleuchtet den aktuellen Streit um den Lehrermangel in Österreich, insbesondere in Wien, wo trotz offizieller Aussagen über eine gute Abdeckung des Lehrerbedarfs viele Schulen im Notbetrieb arbeiten
- Während das Bildungsministerium von einer erfolgreichen Besetzung der Lehrerstellen spricht, berichten Lehrervertreter und Schulleitungen von erheblichen Engpässen und Ausfällen, die den Schulbetrieb stark belasten