Ukraine

"Nichts mehr unvorstellbar": Experte ortet Kriegs-Wende

Die ukrainische Armee meldet die Rückeroberung Dutzender Orte von den russischen Truppen. Ein Militärstratege schätzt ein, ob dies der Wendepunkt ist.

Rene Findenig
Militärstratege Berthold Sandtner vom Bundesheer in der ORF-"ZIB2".
Militärstratege Berthold Sandtner vom Bundesheer in der ORF-"ZIB2".
Screenshot ORF

Die ukrainische Armee hat nach den Worten von Präsident Wolodimir Selenski "Hunderte unserer Städte und Dörfer befreit", die zuvor von den russischen Invasoren eingenommen worden waren. Aber: "Wenn man auf schnelles Kriegsende hofft, hofft man umsonst", sagte der Militärstratege Berthold Sandtner vom Bundesheer am späten Montagabend in der ORF-"ZIB2" bei Moderator Armin Wolf. Von einem "Wendepunkt" könne aber sehr wohl die Rede sein, so der Experte. Die Ukraine habe in kürzester Zeit ein großes Gebiet zurückerobert und die Russen teils so sehr überrascht, dass sie nur noch fliehen konnten.

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    Immer wieder gibt es Gerüchte über schwere Erkrankungen von Wladimir Putin. Nun heißt es, dass ihm nicht mehr viel Zeit bleiben würde.
    Immer wieder gibt es Gerüchte über schwere Erkrankungen von Wladimir Putin. Nun heißt es, dass ihm nicht mehr viel Zeit bleiben würde.
    via REUTERS

    Was nun wichtig sei: Die Ukraine habe ihre Patt-Situation im Krieg aufgelöst und agiere nun, während die russischen Truppen zum Reagieren gezwungen seien. Die Rückeroberungen würden aber auch ein verheerendes Bild der Moral und des Zustands russischen Armee zeichnen, so Sandtner. Kräfte seien teils seit sieben Monaten ohne Ablöse im Einsatz und hätten bei den Rückeroberungen zivile Fahrzeuge und Kleidung gestohlen, um damit zu fliehen. Die Führungsstärke des ukrainischen Generalstabs basiere aber auf den Lieferungen von Luftabwehrwaffen und Panzerfahrzeugen an die Ukraine, so der Experte.

    "In diesem Konflikt ist nichts mehr unvorstellbar"

    "Man darf das jetzt auch nicht überbewerten", so Sandtner zu den Gebiets-Rückgewinnungen der Ukrainer, die Größe der von russischen Truppen besetzten Gebiete sei noch sehr groß. Dass man unmittelbar vor dem Winter die gesamte Ukraine zurückerobert, halte er "für denkunmöglich", so Sandtner. Dass man jedoch über Monate hinweg die russischen Truppen langsam zermürben könne, glaube er sehr wohl. Und sei es auch möglich, dass sich die Ukraine die Krim zurückhole? Diese Ansage treffe "den wundesten Punkt" der Russen, so der Stratege, auf die Krim könnte Putin am schwersten verzichten.

    Militärisch sei es aber plausibel, dass sich die Ukraine auch die Krim zurückerobern könnte, wenn es entsprechende Waffensysteme für die Ukraine gebe, so der Militärstratege: "In diesem Konflikt ist nichts mehr unvorstellbar." Wenn es noch eine gewisse Plausibilität in der militärischen Führung gebe, werde es keinen Atomschlag geben, bewertete Sandtner die Nuklearwaffengefahr. Vielmehr werde man in Russland nun Sündenböcke suchen und versuchen, das "System Putin" zu schützen. Offen sei aber, ob es eine Generalmobilmachung geben könnte, um die Ukraine komplett militärisch zu zerstören.