Ex-Nato-Generalsekretär
Neutralität Österreichs – jetzt warnt Top-Experte
Der Ex-Nato-Generalsekretär Rasmussen spricht in einem Interview über die Zuspitzung der Kriege auf der Welt. Auch die Neutralität ist Thema.
Der Ex-NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sprach am Montagabend in einem Interview mit Puls24 über die Folgen des Angriffs Iran auf Israel, den Ukraine-Krieg und was Europa und Österreich jetzt tun sollten.
Neutralität sei überholt
Dabei wird auch die Frage über die Sinnhaftigkeit der Neutralität Österreichs aufgeworfen. Rasmussen bekräftigt, dass die Neutralität ihren Sinn bereits erfüllt habe. Dieser war es, um sich im Kalten Krieg zu schützen, aber jetzt "wo wir einen heißen Krieg sehen, muss man die Rolle der Neutralität Österreichs überdenken".
Weiters hält er die Neutralität für "kein tragfähiges Konzept" mehr, weil es sie "im traditionellen Sinn des Wortes nicht mehr gibt". Österreich müsse demnach seine Rolle überdenken, so wie es Finnland und Schweden bereits getan haben.
Fast wie NATO
Auch kommt dabei eine Statistik auf. Laut dieser würde der Großteil der Österreicher wollen, dass, sollte Österreich angegriffen werden, andere Länder es unterstützen. Sollte aber ein anderes EU-Land angegriffen werden, sprechen sich nur 14 Prozent der Österreicher dafür aus, dass auch Österreich dieses Land unterstützt.
Rasmussen erklärt, dass es den Österreichern aber nicht zur Wahl steht, ob sie helfen oder nicht, da man bereits mit der EU dieses Recht abgetreten habe. Das geschah durch den Artikel 42/7, den Bündnisfall. Demnach haben alle Mitgliedsstaaten der EU eine Pflicht den anderen Ländern zu helfen und sie zu unterstützten und das mit allen Möglichkeiten, die man zur Verfügung hat.
Risiko für Israel-Iran-Krieg "minimal"
Auch über die Ausschreitungen zwischen Israel und Iran nimmt der Ex-NATO-Generalsekretär Stellung. Er hält einen Krieg zwischen den beiden Ländern für unwahrscheinlich. Denn "Keiner hat ein Interesse daran, dass sich dieser Konflikt zu einem offenen Krieg im Nahen Osten ausweitet. Ich würde das Risiko als minimal einschätzen", betont er.
Europa soll auf "Kriegswirtschaft umstellen"
Stellung nimmt Rasmussen auch zum Ukraine-Krieg. Er ruft dabei auf, dass die Ukraine stärker unterstützt werden müsse. "Es ist an der Zeit, den Ukrainern dabei zu helfen, alle russischen Raketen und Drohnen abzuschießen, um die ukrainische Zivilbevölkerung zu schützen und die zivile Infrastruktur vor Zerstörung zu bewahren", heißt es von ihm. Er fordere außerdem zu mehr Waffenlieferungen auf. Aber Europa müsse insgesamt aufrüsten. Seine Empfehlung dabei: "Wir sollten unsere Wirtschaft in Europa auf Kriegswirtschaft umstellen."
Was unsere Neutralität wirklich ist
Die Neutralität Österreichs ist nicht Teil des Staatsvertrages mit den Alliierten, sondern in einem separaten Bundesverfassungsgesetz klar geregelt. Es besagt, dass Österreich seine Neutralität verteidigen und weder Militärbündnissen beitreten, noch Militärbasen fremder Staaten auf eigenem Territorium zulassen wird – nicht mehr, nicht weniger.
Wörtlich heißt es in Artikel I:
(1) Zum Zwecke der dauernden Behauptung seiner Unabhängigkeit nach außen und zum Zwecke der Unverletzlichkeit seines Gebietes erklärt Österreich aus freien Stücken seine immerwährende Neutralität. Österreich wird diese mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln aufrechterhalten und verteidigen.
(2) Österreich wird zur Sicherung dieser Zwecke in aller Zukunft keinen militärischen Bündnissen beitreten und die Errichtung militärischer Stützpunkte fremder Staaten auf seinem Gebiete nicht zulassen.
Quelle: RIS – Gesamte Rechtsvorschrift für Neutralitätsgesetz
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Ex-NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen betont in einem Interview mit Puls24 die Notwendigkeit für Österreich, seine neutrale Rolle zu überdenken, insbesondere angesichts aktueller globaler Konflikte
- Er drängt auf eine Stärkung der Unterstützung für die Ukraine und ruft dazu auf, dass Europa sich insgesamt auf einen Krieg vorbereitet, während er die Unwahrscheinlichkeit eines offenen Krieges zwischen Israel und dem Iran betont