Vorwissenschaftliche Arbeit
Neue Schul-Regeln bei Prüfungen – was sich alles ändert
Bildungsminister Martin Polaschek hat am Mittwoch neue Regeln für abschließende Prüfungen an Österreichs Schulen vorgestellt. "Heute" hat die Details.
Die aktuelle Form der Vorwissenschaftlichen Arbeit (VWA) ist in vielerlei Hinsicht nicht mehr zeitgemäß. Bildungsminister Martin Polaschek setzte daher Anfang Mai einen Expertenrat ein, um Szenarien für die Weiterentwicklung der Vorwissenschaftlichen Arbeit an den AHS sowie der Abschlussarbeiten an den BMS (Berufsbildende Mittlere Schulen) für die Zukunft zu schaffen. Ein Zwischenbericht konnte bereits Anfang Juni präsentiert werden.
Auf Basis des Rohberichts des Expertenrates und eines parallel zum Rat laufenden, ambitionierten Prozesses konnte Bundesminister Polaschek nun im Anschluss an den Ministerrat Ende Juni neue Regeln für die abschließenden Prüfungen, die bereits ab dem kommenden Schuljahr 2024/25 gelten, präsentieren:
Mehr Wahlfreiheit an AHS
An der Allgemeinbildende Höhere Schulen wird die bisherige Vorwissenschaftliche Arbeit (VWA) zur Abschließenden Arbeit, die völlig neue Medienformate zulässt. So kann die abschließende Arbeit künftig auch das Produkt eines forschenden, gestalterischen oder künstlerischen Prozesses sein. Konkret ist damit z. B. die Herstellung eines Multimediaprodukts, einer Videoreportage, eines Podcasts oder eine empirische Erhebung und deren Interpretation möglich.
Ganz zentral für die Überprüfbarkeit und Beurteilung dabei ist die Dokumentation und Reflexion des Entstehungsprozesses und der verwendeten Quellen. Das soll die Quellenkritik stärken und die Eigenständigkeit der Arbeiten besser zum Ausdruck bringen. Die Schülerinnen und Schüler an Gymnasien können somit Arbeiten erstellen, die noch besser ihren Interessen und Neigungen entsprechen und auch gesellschaftliche, mediale Entwicklungen berücksichtigen.
Bis inkl. dem Schuljahr 2028/29 haben die Schüler an den AHS zudem auch die Wahl zwischen der Erstellung und Präsentation dieser abschließenden Arbeit und einer mündlichen oder schriftlichen Prüfung im Rahmen der Matura. Für das kommende Schuljahr muss dies bis 30. September 2024 bekannt gegeben werden. Die Erstellung der Arbeit in einer anderen Form – also etwa als Produkt eines gestalterischen oder künstlerischen Prozesses – ist zwar im kommenden Schuljahr schon möglich, bedarf dafür jedoch das Einvernehmen mit dem Betreuungslehrer.
Abschaffung der Abschlussprüfung an BMS
In berufsbildenden mittleren Schulen kommt es zur Abschaffung der aktuellen Abschlussarbeit bereits ab dem Schuljahr 2024/25. Im berufsbildenden mittleren Bereich ist die gesamte schulische Laufbahn stark fachpraktisch ausgerichtet. Die praktischen Fähigkeiten werden im Rahmen des Unterrichts, etwa in der Übungsfirma, gelehrt und aufgebaut und künftig im Rahmen der laufenden Leistungsbeurteilung bewertet.
Diplomarbeit an BHS bleiben erhalten
Unverändert bleiben die Diplomarbeiten an den Berufsbildenden Höheren Schulen (z. B. HAK, HUM, HTL). Die im Diplomarbeitsprozess aufgebauten Kompetenzen stellen eine wesentliche Erweiterung zur beruflichen Gesamtqualifikation dar. Die Diplomarbeiten haben bereits eine langjährige Tradition.
Bildungsminister Martin Polaschek: "Die aktuelle Form der VWA ist nicht mehr praktikabel. Ich habe mich daher dazu entschlossen die Abschlussarbeiten an den Gymnasien auf völlig neue Beine zu stellen. In Zukunft wird es keine Verpflichtung mehr zur Einheits-VWA geben. Vielmehr wird es mehr Wahlmöglichkeiten für die Schülerinnen und Schüler geben. Durch die grundlegende Reform rücken wir vom starren und unzeitgemäßen Einheitsarbeiten ab und individualisieren diese. Damit ermöglichen wir jeder Schülerin und jedem Schüler ein individuelles Projekt aufzusetzen, bei dem das forschende und kreative Arbeiten im Mittelpunkt steht. Mit der vorliegenden Weiterentwicklung der abschließenden Prüfungen schaffen wir mehr Möglichkeiten für die Kandidatinnen und Kandidaten und mehr Raum für praktische Übung und Anwendung. Danke für die intensive Arbeit vieler, die es ermöglicht, dies bereits ab dem kommenden Schuljahr umzusetzen!"
Und Grünen-Klubobfrau Sigi Maurer ergänzt: "Die Grundidee der Vorwissenschaftlichen Arbeit ist ja wichtiger denn je: Schüler:innen sollen sich intensiv mit einem Thema beschäftigen, das sie persönlich brennend interessiert. Wir finden: Das muss kein Text sein, das kann auf vielfältige Weise geschehen. Der Kreativität sollen so wenig Grenzen wie möglich gesetzt werden. Das Ziel ist, 21st Century Skills wie kritisches Denken, Kollaboration, Kommunikation und Kreativität für alle Maturanten zu fördern".
Die Veränderungen im Überblick
- Mehr Wahlfreiheit bei VWA!
- VWA wird zur abschließenden Arbeit auf vorwissenschaftlichem Niveau und kann ein Produkt eines forschenden, künstlerischen oder gestalterischen Prozesses sein.
- Das können neue digitale und/oder analoge Medienformate sein, z. B. Videoreportage, Podcast oder empirische Erhebung und deren Interpretation.
- Wahl zwischen Abschließender Arbeit und mündlicher oder schriftlicher Prüfung bis inkl. 2028/2029.
- Neue Formate (etwa gestalterische Produkte) bereits 2024/25 bedingt Zustimmung des Betreuungslehrers bzw. der Betreuungslehrerin
- Umsetzung ab dem kommenden Schuljahr
- Abschlussarbeiten an BMS entfallen.
Die gesamte schulische Laufbahn in diesem Bereich ist stark fachpraktisch ausgerichtet. Daher ist hier die Abschlussarbeit auch nicht passend zur Schulform.
- Die Diplomarbeit an den BHS bleibt bestehen.
Die Diplomarbeit an den BHS bietet die Möglichkeit, berufsspezifische Denkweisen und erworbene Kompetenzen über den gesamten Ausbildungsweg sichtbar zu machen und hat eine erfolgreiche und lange Tradition. Sie ist ein wichtiger Bestandteil für die Einordnung der BHS-Abschlüsse auf Niveau 5 im Nationalen Qualifikationsrahmen.