Ziemlich feste Freunde
Nehammer bei Macron: Handshake könnte heftig werden
Bundeskanzler Nehammer besucht Präsident Macron in Paris. Neben Nahost, Ukraine und der Wirtschaft steht auch die förmliche Begrüßung im Blickpunkt.
Obwohl sich Frank- und Österreich – neben prunkvollen Cafés und knusprigen Kipferln – sogar das Reich im Namen teilen, schenkten sich die aktuellen Regierungschefs beider Länder zuletzt wenig. Insbesondere beim Thema Ukraine gingen der französische Präsident Emmanuel Macron und Österreichs Kanzler Karl Nehammer selten d'accord.
Während der eine in Paris laut über westliche Bodentruppen in Kiew nachdenkt, reiste der andere mitten im Krieg in diplomatischer Mission zu Putin nach Moskau. Noch heute spricht sich Nehammer für Vermittlung und Verhandlungen aus und warnt vor einer "Eskalationsspirale".
Neben Wirtschaftsthemen (Frankreich war 2023 achtwichtigster Handelspartner Österreichs mit einem Volumen von 12,6 Milliarden Euro) dürfte die europäische Ukraine-Strategie ein zentrales Thema beim bilateralen Arbeitsbesuch des Kanzlers am heutigen Donnerstag im Élysée-Palast sein. Auch über den sich zuspitzenden Nahostkonflikt dürfte hitzig debattiert werden.
Eines verbindet Nehammer und Macron aber bei allen Unterschieden – und sorgt schon vor dem Treffen für Spannung: ein harter, aber herzlicher Händedruck. Denn beide Politiker treten öffentlich als taffe Typen auf, packen gerne zu. Und man kann beiden Staatsmännern gewisse Handschlagqualitäten nicht absprechen – im wörtlichen Sinne. Die bekennenden Boxfans können harte Haken austeilen und teilen sich offenbar auch eine geheime Vorliebe für das inoffizielle Spiel "Drück den Donald" – Erklärung folgt.
Emmanuel Macron – der zuletzt mit Bizepsfotos in Boxhandschuhen von sich reden machte – "rächte" sich mehrmals "gewaltsam" am damaligen US-Präsidenten namens Donald Trump für dessen rüpelhaftes Händerütteln auf diversen Regierungsgipfeln. Im Mai 2017 drückte er dem Republikaner ganze 13 Sekunden lang so fest die Finger, dass sichtbare Abdrücke auf dessen (gar nicht soo kleinen) Händen haften blieben.
"Mein Händedruck mit ihm war nicht ohne Hintergedanken“, meinte Macron nach dem handfesten "Skandal" zu französischen Medien. Man müsse zeigen, "dass man keine kleinen Zugeständnisse macht, nicht einmal symbolisch." Auch bei weiteren Treffen drückte Macron ordentlich an – einmal sogar 30 Sekunden.
Auch unser Kanzler fiel als außerordentlich heftiger Händeschüttler in Erscheinung – sein letztes "Opfer" war kurz vor Weihnachten der polnische Donald – Wahlsieger Donald Tusk. Nehammers hölzerne Umarmung in Brüssel inklusive improvisiertem Handschlag, der holprig in einen "Bro-Gruß" überging, machte im Netz die Runde und verursachte internationalen Nachhall.
National war Nehammer – der sich übrigens mit einem X-Posting humorvoll bei Donald Tusk entschuldigte – ja bereits als notorischer Schulterberührer und Doppelhandschüttler berüchtigt. Der Ex-Berufssoldat und Milizoffizier wurde regelmäßig von Körpersprache-Experten für seinen "hohen Muskeltonus" bei offiziellen Begrüßungen kritisiert. Als Innenminister versuchte Nehammer einst mit scharfen Handgesten das Coronavirus wegzuflexen – bekanntlich ohne Erfolg.
Beim diplomatischen "Hands-Off" in Paris kann der nunmehrige Kanzler aber durchaus auf Erfolgserlebnisse hoffen. Doch aufgepasst: Schon bei vergangenen Treffen fiel die Begrüßung zwischen Nehammer und Macron mitunter recht rustikal aus – siehe Diashow. "Die aktuell herausfordernde geopolitische Lage macht es notwendig, innerhalb der EU eng abgestimmt zu sein", kann man Nehammers Worte vor dem Abflug (6.30 Uhr in Wien, Linienflug) auch als Warnung verstehen.
Wer beim Handshake diesmal die Oberhand behält und wer wen als erster abschütteln kann, wird sich weisen. Doch schon jetzt steht fest: Nicht nur bei den Gesprächen im Élysée-Palast werden beide Vertreter mit Nachdruck ihre Positionen vertreten. Bereits davor könnte es zwischen den "ziemlich festen Freunden" am roten Teppich heftiger hergehen.