Mutter und Tochter vor Gericht

Navi brachte Ermittler auf Spur von Telefontrick-Bande

Eine Küchenhelferin (42) und ihre Tochter (20) holten für Telefonbetrüger Geld und Schmuck von Senioren ab. Nun zahlten sie die Rechnung vor Gericht.

Thomas Peterthalner
Navi brachte Ermittler auf Spur von Telefontrick-Bande
Mutter (42) und Tochter (19) standen vor Gericht.
Denise Auer

Geldnot brachte Mutter (42) und Tochter (20) auf die schiefe Bahn – und am Mittwoch (26.6.) auf die Anklagebank am Wiener Landesgericht. Das Gespann soll in zwölf Fällen betagte Senioren um ihre Ersparnisse gebracht haben – insgesamt ging es um über 200.000 Euro. Schwerer Betrug sowie Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung lauteten die Vorwürfe.

Navi im Mietwagen verriet Verdächtige

Die gelernte Küchengehilfin soll als Abholerin für eine Telefon-Betrügerbande tätig gewesen sein. Dafür mietete sie in ihrer Heimatstadt Krakau in Polen Mietwagen an, fuhr damit nach Wien, Eisenstadt und Orte in Niederösterreich. Die Polizei kam ihr auf die Spur, weil sie die Autos unter ihrem echten Namen angemeldet hatte. Im Navi waren die Adressen der Opfer eingespeichert. "Für jede Fahrt bekam ich 500 bis 1.000 Euro", so die Angeklagte unter Tränen.

Verteidiger Philipp Winkler mit Mandantin.
Verteidiger Philipp Winkler mit Mandantin.
Denise Auer

50.000 Euro Kaution fällig

Eine Betroffene (84) gab Einblick, wie sie im Dezember 2023 von der Bande abgezockt worden war. "Eine Frau erzählte mir, meine Tochter wäre in einen schweren Verkehrsunfall verwickelt worden, ein Baby sei vielleicht tot. Dann bekam ich sofortden nächsten Anruf von einem vermeintlichen Polizisten. Er sagte, damit meine Tochter nicht ins Gefängnis muss, werden 50.000 Euro Kaution fällig."

Seniorin hob 30.000 Euro ab

Die Seniorin fuhr sofort zur Bank, hob 30.000 Euro ab. Die ganze Zeit über machten die Betrüger Druck am Telefon. "Als ich nach Hause kam, wartete schon eine junge Frau mit FFP2-Maske vor der Türe." Die Pensionistin gab ihr ein Paket mit 30.000 Euro, Schmuck und Goldmünzen. Die Verdächtige nahm die Beute und fuhr sofort weg. "Die Abholer sind in der Hierarchie ganz unten, tragen aber das größte Risiko", erklärte ein Ermittler.

"Staatsanwalt Dr. König"

Die Hintermänner sitzen im Ausland, in diesem Fall in Polen, und kassieren ab. "Meistens sind es Familien-Clans. Die Banden arbeiten sehr effizient, betreiben Call Center. Die Anrufer sind meist gut geschult, haben oft Erfahrung aus dem Online-Handel. Sie wissen wie man Gesprächspartner unter Druck setzt und in der Leitung hält. In Telefonverzeichnissen wird nach alt klingenden Namen gesucht. Logistiker koordinieren Anrufer und Abholer. Oft arbeiten die Banden auch mit gefälschten Stimmen von Angehörigen – hier wird mit KI-Software getrickst. "Die Anrufer üben so großen Druck aus, dass man nicht zum Nachdenken kommt", so die um ihr Geld gebrachte 84-Jährige. Oft werden Namen von real existierenden Staatsanwälten oder Anwälten verwendet, wie beispielsweise "Staatsanwalt Dr. König".

Haftstrafen für Mutter und Tochter

"Es tut mir leid, ich möchte mich entschuldigen", schluchzte die 42-jährige Angeklagte vor Gericht. Ihre Tochter habe sie nur begleitet, selbst dafür kein Geld erhalten. "Sie hatten Geldprobleme, beiden zeigen sich geständig", so Verteidiger Philipp Winkler. Urteile am Mittwoch: Drei Jahre Haft für die Mutter. 24 Monate, davon 8 unbedingt, für die Tochter – bereits rechtskräftig!

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