Einkauf im Sozialmarkt
Nach Krebs und Burnout hat Mann kaum Geld zum Einkaufen
Besucher heimischer Sozialmärkte kennen harte Schicksalsschläge. Wie sie trotz Teuerungen überleben, zeigt Puls 4 heute in "Österreich unzensiert".
Ein Niederösterreicher ist trotz seines harten Alltags glücklich, in St. Pölten zu leben: "Hier ist sehr vieles sehr passend für meine Notsituation", sagt der 52-Jährige lächelnd. Er kauft in einem Sozialmarkt in der niederösterreichischen Landeshauptstadt ein, weil er sich Lebensmittel in einem normalen Supermarkt nicht mehr leisten kann. Für die neue Staffel von "Österreich unzensiert" hat Filmemacher Andreas Mannsberger Menschen vor die Kamera gebeten, für die ein Leben ohne Sozialmarkt kaum mehr leistbar wäre.
Krank und armutsgefährdet
Der 52-Jährige hat "Krebs, Burnout und Nervenzusammenbrüche" hinter sich. Dazu hat er auch ein bewegtes Privatleben vorzuweisen: "Drei Frauen mit drei Kindern im Abstand von zehn Jahren", für die er Alimente zahlen muss. Sein derzeitiger Gesundheitszustand lässt es auch nicht zu, dass der Niederösterreicher mehr als 20 Stunden in der Woche arbeiten kann. "Ich habe eine Oberkiefer-Nekrose und womöglich wieder Krebs." Vor kurzem wurde ihm deshalb auch der linke Tränensack entfernt. "Das Auge kann ich nicht mehr verwenden."
Die Pensionsversicherungsanstalt (PVA) habe ihn dennoch 50 Prozent arbeitsfähig eingestuft. "So putzen die sich ab." Von einem 20-Stunden-Job kann der 55-Jährige aber ohnehin keine großen Sprünge machen. Gesund genug für eine Vollzeitstelle ist er aber auch nicht. "Ich lebe nur von der Notstandshilfe", erzählt er. Ihm bleiben etwa 950 Euro im Monat zum Leben übrig.
"Gewohnt, dass ich Hunger habe"
Ein anderer verzweifelter Kunde eines Sozialmarkts in Wien-Floridsdorf, der mit seiner Teenager-Tochter einkaufen geht, sagt unumwunden: "Alles ist teurer geworden. Ich bin es schon gewohnt, dass ich manchmal Hunger habe." Eine pensionierte Kundin gibt dem Familienvater Recht. "Das Einzige, wo man sparen kann, ist das Essen, alles andere sind Fixbeträge."
Seit den Preisanstiegen ist der Lebensmittel-Einkauf für immer mehr Familien zur großen Belastung geworden. Auch die Tochter des Wieners geht bereits arbeiten und kauft sich ihr Mittagessen selbst. "Ich muss dafür oft bis zu 15 Euro am Tag zahlen – für eine Person! Das ist viel zu viel." Am 20. jedes Monats ist das Geld meist schon ausgegeben, berichten beide traurig.
Erst weinte Wienerin, heute ist sie froh
Eine 66-Jährige, die alle zwei Wochen im Sozialmarkt einkaufen geht, würde sich gerne als Freiwillige beteiligen, weil sie etwas zurückgeben möchte. Derzeit machen das Schmerzen aber unmöglich. "Ich würde gerne mithelfen, wenn ich nicht mit der linken Schulter Probleme hätte. Außerdem habe ich Brustkrebs gehabt und zwei operierte Knie, das würde nicht gehen", bedauert die Wienerin.
Als sie ihren ersten Sozialmarkt-Pass bekam, "habe ich zu Weinen angefangen." Sie wollte nicht wahrhaben, dass sie nun auf diese Hilfe angewiesen ist. "Jetzt bin ich aber dankbar dafür, dass ich es habe."