Peer-Mitarbeiterin erzählt

Nach Krankheit obdachlos – Nun hilft sie anderen

2017 hat CJ ihre Wohnung verloren. Die 48-Jährige kämpfte sich zurück, absolvierte eine Ausbildung im neunerhaus. Sie hilft nun anderen Obdachlosen.

Nicole Oirer
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Nach Krankheit obdachlos – Nun hilft sie anderen
CJ Thomas war selbst wohnungslos. Nun arbeitet sie im neunerhaus mit anderen Obdachlosen zusammen.
Sabine Hertel

"Keiner von uns hat damit gerechnet, dass so etwas passieren kann. Ich dachte immer, so tief werd' ich nie sinken, das sind doch nur Junkies und Säufer, denen das passiert", erzählt Caroline-Jesica "CJ" Thomas im Gespräch mit "Heute". Die 48-Jährige war früher wohnungslos. Inzwischen hat sie eine von neunerhaus und Fonds Soziales Wien gestartete Ausbildung absolviert, hilft nun anderen Obdachlosen.

"Finanzen nicht mehr im Blick"

Thomas und ihr damaliger Lebenspartner hatten eine Mietwohnung in Wien-Landstraße. Beide gingen arbeiten, hätten nie gedacht, dass Wohnungslosigkeit für sie je ein Problem sein könnte. Als sie kurz darauf beide erkrankten, waren sie oft mit sich selbst beschäftigt, hatten die Finanzen "nicht mehr im Blick". Es folgte die Delogierung.

Als Übergangslösung zogen die beiden zuerst in die Gruft, kamen kurz darauf in ein Übergangswohnheim. Im Jahr darauf waren sie wieder in einer eigenen Wohnung. Diese bekommt man anfangs von einer Organisation zur Verfügung gestellt, bezahlt die Miete auch an die Organisation. "Die schaut dann, wie du dir mit den Abläufen wie Miete zahlen tust. Aber das war bei uns eh nicht das Problem", so die Wienerin.

"Lächeln bringt dich immer weiter"

Ihre damalige Sozialarbeiterin hat ihr dann von dem Peer-Projekt erzählt. "Ich war sehr erstaunt, als ich angenommen wurde", schildert die 48-Jährige. Ihr Kurs, der wegen Corona unter erschwerten Bedingungen stattfand, wie sie lächelnd erzählt, hat insgesamt sieben Module.

neunerhaus Peer Campus
Die Peers im neunerhaus sind Mitarbeiter in der Wohnungslosenhilfe, die selbst einmal obdach- oder wohnungslos waren. Sie absolvieren im neunerhaus einen Kurs und können dann in der Wohnungslosenhilfe arbeiten. Jährlich gibt es ingesamt 20 Plätze. Voraussetzung ist die Volljährigkeit und dass man selbst von Obdach- oder Wohnungslosigkeit betroffen ist oder war. Alle Infos auf neunerhaus.at

"Es war eine Herausforderung, das hätte ich mir nicht gedacht. (...). Ich habe gelernt, Freundschaften zu schätzen, Freundschaften zu pflegen, ich habe gelernt Hilfe anzunehmen, was mir persönlich sehr schwerfällt, ich habe gelernt, mit Selbstbewusstsein und Würde durchs Leben zu schreiten und ich habe gelernt, Lächeln bringt dich immer weiter", erzählt Thomas.

Bewohner wissen, sie war in derselben Lage

Inzwischen arbeitet die 48-Jährige im neunerhaus in der Kudlichgasse (Wien-Favoriten). In diesem stationär betreuten Wohnheim leben 57 Menschen in eigenen Wohnungen. Wer hier herkommt, kann unbefristet bleiben. Ausnahme: eine gewisse Pflegestufe. Denn Pflegetätigkeiten können hier nicht angeboten werden. Auch wer gegen Hausregeln verstößt, muss gehen. "Aber erst, wenn wir wissen, wir können die Person woanders unterbringen", erklärt CJ. Man wolle ja nicht noch eine Person auf der Straße.

Was CJ in ihrer Arbeit als besondere Stärke sieht? "Ich kann wahnsinnig gut labern. Noch besser kann ich aber zuhören", erzählt sie. Die Bewohner wenden sich gerne an sie, weil sie wissen, CJ war in derselben Lage. "Die Gründe dafür sind so mannigfaltig wie die Sterne am Himmel, es ist auch eigentlich egal warum. Aber es lässt sich dann freier darüber reden."

CJ Thomas im Gespräch mit <em>"Heute"</em>
CJ Thomas im Gespräch mit "Heute"
Sabine Hertel

"Jedem eine Plaudertante zur Verfügung stellen"

CJ hätte sich in ihrer Situation einen Peer gewünscht. "Jemand, der mir diese Informationen gibt. Und noch wichtiger: einfach jemand, der mir zuhört und mich nicht verurteilt." Weil sie und ihr Partner immer gut verdient hatte, wusste die 48-Jährige lange nicht einmal, dass Einrichtungen wie die Gruft existieren. Die Organisationen würden den Bedürftigen auch schon viel entgegenkommen, aber "das einzige, was du tun musst, ist hingehen und bitten", appelliert CJ.

Was CJ sich wünschen würde? "Das würd mich arbeitslos machen", lacht sie und meint weiter: "leistbares Wohnen und Unterstützung, damit man die Wohnung auch behalten kann. Und ich würde jedem eine kleine Plaudertante zur Verfügung stellen, wenn gewünscht", lächelt sie abschließend.

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