Vor fünf Jahren brach das Chaos über uns herein, als sich das Coronavirus immer weiter ausbreitete und die Gesellschaft fest im Griff hielt. Viele Firmen meldeten für ihre Mitarbeiter Kurzarbeit an, viele andere Menschen verloren ihre Jobs gänzlich. Innerhalb einer Woche stieg die Zahl der Arbeitslosen damals um mehr als 115.000 Personen an!
Hannelore W. (48, Name geändert) aus dem Bezirk Korneuburg war damals bei Billa im Einzelhandel beschäftigt. Da sie eine 5-jährige Tochter zu Hause hatte und die Kindergärten geschlossen waren, musste sie – als Alleinerzieherin – ihren Job aufgeben.
Der Konzern zeigte Verständnis, wollte – wie es scheint – für die Zeit nach der Pandemie vorsorgen: "Austritt aus familiären Gründen, Wiedereintritt befürwortet", steht auf der einvernehmlichen Lösung des Dienstverhältnisses. Zu einer Wiederanstellung sollte es aber letztendlich nicht kommen. Bis heute ist Hannelore W. arbeitslos und auf Jobsuche.
In der Zwischenzeit gab es in Hannelores ehemaliger Billafiliale einen Führungswechsel. Die neue Regionalleitung wollte die Mutter mit Betreuungspflichten nicht mehr einstellen. "Plötzlich hat es geheißen, das wäre den anderen Kollegen nicht fair gegenüber", erzählt die 48-Jährige.
Zur beruflichen kommt auch eine persönliche Sorge. Ihre mittlerweile 10-jährige Tochter habe eine emotionale Störung, weshalb sie auch therapeutisch betreut werde. "Ich kann sie nicht einfach ein paar Stunden alleine lassen", verdeutlicht die verzweifelte Mutter.
„Ich kann nicht nur für die Bezahlung der Kinderbetreuung arbeiten gehen. Ich will auch ein Leben gemeinsam mit meiner Tochter haben“Hannelore W.Die Alleinerzieherin ist seit fünf Jahren auf Jobsuche
Unter der Woche könne Hannelore immer von 8 bis 16 Uhr arbeiten und so durchaus eine Vollzeit-Stelle besetzen. Aber: "Ich kann wegen meiner Tochter nicht am Samstag arbeiten oder Frühschichten übernehmen".
Dass gerade im Rewe Konzern der Wiedereintritt so schwer werden würde, ist für Hannelore unverständlich. "Es heißt immer, es sei ein 'familienfreundliches' Unternehmen, aber ich kann nicht arbeiten, wenn ich meine Tochter betreuen muss".
Auch auf der Homepage des Konzerns steht die Familienfreundlichkeit explizit angeführt: "mit Option auf flexible Arbeitszeitgestaltung". Dennoch bekommt Hannelore wegen der Kinderbetreuung immer wieder Absagen. "Egal, wo ich mich beworben habe. Sei es Billa, Bipa oder Penny. Immer wird gefragt 'und wie sieht es dann mit der Kinderbetreuung aus'".
"Heute" fragte direkt beim ehemaligen Arbeitgeber Billa (Rewe-Konzern) nach. "Wir können nichts versprechen, aber würden ihr gerne ein persönliches Gespräch mit unabhängigen Recruitern (Anm.: Personalexperten) anbieten", erklärt Paul Pöttschacher, Pressesprecher von Rewe.
Hannelore sagt über ihre Situation: Es sei nie geplant gewesen, dass sie Alleinerzieherin werde. "Der Vater lebt in Deutschland und er kümmert sich nicht um sein Kind." Oft bekomme sie bei Vorstellungsgesprächen gesagt, dass sie auf Tagesmütter oder Leih-Großeltern zurückgreifen sollte. "Aber die wollen auch ihr Geld haben und ich kann nicht nur für die Bezahlung der Kinderbetreuung arbeiten gehen. Ich will auch ein Leben gemeinsam mit meiner Tochter haben."