Gerichtsprozess in Deutschland

Muslima fordert Recht auf Vollverschleierung im Auto

Weil es ihre "Pflicht" als Muslima sei, vor Fremden immer einen Niqab zu tragen, zieht eine Deutsche gegen die Behörden vor Gericht.

Nick Wolfinger
Muslima fordert Recht auf Vollverschleierung im Auto
Eine Deutsche fühlt sich diskrminiert, weil sie nicht mit Niqab Auto fahren darf (Symbolbild)
Getty Images/iStockphoto

Ein ungewöhnlicher Fall beschäftigt derzeit die deutsche Justiz. Weil ihr die Behörden keine Ausnahmegenehmigung erteilt haben, vollverschleiert mit dem Auto zu fahren, zog Miriam Mohammed (46) aus Neuss vor Gericht. Die Entscheidung der Behörden verletzte ihr Recht auf freie Religionsausübung, so das Argument der Deutschen, die von Anwalt Dennis Rathkamp (35), einem bekannten Salafisten, vertreten wird.

Fahrzeuglenker muss immer erkennbar sein

Die Behörden sehen das freilich anders: Wer sich in Deutschland hinters Steuer setzt, darf seine Gesichtszüge nicht verhüllen. Einerseits um eine Identifikation bei Verkehrsdelikten, zum Beispiel auf Radarfotos, nicht zu verhindern. Andererseits aus Gründen der Verkehrssicherheit, da bei einer Gesichtsverschleierung eine "vollständige Rundumsicht" beim Autofahren nicht immer gewährleistet sein kann.

Niqab religiöse "Pflicht" für Muslima?

Wie die deutsche "Bild" berichtet, argumentiert Mohammed vor Gericht damit, dass sie "der Meinung" folge, "dass es Pflicht ist, Niqab zu tragen, denn es schützt ja die Frau. Ich habe das Recht, mein Gesicht zu zeigen, wem ich möchte. Ich will gar nicht, dass jeder auf der Straße mich sieht oder erkennt. Niqab ist für mich deshalb ein Gefühl der Freiheit und Ruhe."

Damit folgt sie allerdings einer besonders strengen Auslegung das Islams. In vielen islamischen Kulturen wird etwa das Tragen eines Kopftuchs, also das Verdecken der Kopfhaare, bereits als ausreichend betrachtet. Der Niqab ist jedoch ein Schleier, der den gesamten Kopf, den Schulter-, Hals- und Brustbereich bedeckt und nur einen dünnen Schlitz für die Augen frei lässt.

Sie sieht sich als Vorkämpferin der Gleichberechtigung

Nun fühlt sich Miriam Mohammed vom Staat diskriminiert. "Ich sehe mich mit dem Verfahren als Vorreiterin, es schränkt schon viele muslimische Frauen ein. Sie haben vielleicht andere Gründe – seien es die Kinder, Fahrten zur Schule, zum Kindergarten. Es wird uns einfach schwer gemacht", sagte Mohammed gegenüber der "Bild".

Mohammed ist beruflich selbstständig als Masseurin tätig. Bei Terminen in ihrer Praxis oder bei Kundinnen (ausschließlich Frauen) legt sie den Schleier selbstverständlich ab – sobald keine fremden Männer in der Nähe sind.

Gericht: Verkehrssicherheit geht vor

Bereits vor vier Jahren stellte sie in Düsseldorf den Antrag, vom Verhüllungsverbot am Steuer aus religiösen Gründen ausgenommen zu werden. Der Antrag wurde abgelehnt, sie legte Einspruch ein. Schließlich landete der Fall beim Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in Münster. Dieses bestätigte nun das Urteil vom Verwaltungsgericht Düsseldorf, dass der Niqab sowohl die Identifizierung bei automatisierten Verkehrskontrollen erschwere, als auch die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer gefährde, da die Sicht beeinträchtigt werden könnte. "Ein allgemeiner Vorrang der Religionsfreiheit vor diesen Rechtsgütern besteht nicht".

Miriam Mohammed kann gegen diese Entscheidung nun Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht als höchste Instanz einlegen – wovon sie auch Gebrauch machen wird, wie sie bereits ankündigte. Ihre Chancen sind nicht aussichtslos. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, eine Ausnahmegenehmigung zu erhalten. Das liegt jedoch im Ermessensspielraum der zuständigen Behörde. Einen Rechtsanspruch darauf gibt es nicht.

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    privat, iStock

    Auf den Punkt gebracht

    • Eine Muslima in Deutschland fordert vor Gericht das Recht, vollverschleiert Auto zu fahren, da es ihre religiöse Pflicht sei
    • Die Behörden lehnten eine Ausnahmegenehmigung ab, da der Fahrzeuglenker immer erkennbar sein muss und die Verkehrssicherheit gefährdet werden könnte
    • Das Gericht bestätigte die Entscheidung und betonte, dass die Verkehrssicherheit Vorrang vor der Religionsfreiheit habe
    • Die Frau kündigte an, gegen das Urteil vor dem Bundesverwaltungsgericht Beschwerde einzulegen
    NW
    Akt.