Deutsche verschärfen Asylkurs
Migranten sollen nach Österreich zurückgeschickt werden
Deutschland will Migranten ab Montag nach Österreich zurückschicken, gleich an der Grenze. Innenminister Karner will diese aber nicht aufnehmen.
Die Asyldebatte in Deutschland spitzt sich zu. Seit bereits neun Jahren gibt es Grenzkontrollen zu Österreich. Diese sollen nun aber ausgeweitet werden, auf die ganze Grenze des Nachbarlandes – wie man am Montag verkündete.
Die Situation könnte sich aber noch weiter verschärfen, denn am Dienstag folgte ein Machtwort des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz. Konkret will die Regierung und die oppositionelle CDU/CSU über die Zurückweisung von Asylwerber an der Grenze beraten. Diese ist in den Grenzkontrollen nämlich nicht vorgesehen gewesen.
Großer Druck auf Regierung
Der Druck auf die deutsche Regierung in der Asylpolitik ist laut ORF "ziemlich groß, weil er aus drei Richtungen kommt". Immerhin verpflichtete sich die Ampelkoalition nach der Messerattacke in Solingen selbst zu einer Verschärfung der Migrationspolitik. Daruber hinaus ist der Druck nach den jüngsten Wahlerfolgen der AfD in Thüringen und Sachsen angewachsen. Letztlich hat Oppositionschef Friedrich Merz mit Nachdruck eine Migrationsreform mit Zurückweisungen an den Grenzen verlangt.
Gespräch mit EU
Die Lage ist angespannt – die deutsche Ampelkoalition gibt nach, führt erweiterte Grenzkontrollen ein und will nun auch möglichen Zurückweisungen an den Grenzen. Innenministerin Nancy Faeser betonte noch am Montag, dass sie der CDU/CSU ein Modell für eine europarechtskonforme Zurückweisung vorlegen werde.
Genaues ist laut ORF aber nicht bekannt. Das Gespräch mit der Union soll am Dienstag stattfinden – im vertraulichen Rahmen. Faeser soll aber einen Passus im EU-Recht gefunden haben, der die Zurückweisung an den Grenzen ermöglicht. Das war bislang eigentlich ein Tabu.
EU-Recht soll es möglich machen
Faeser dürfte sich dabei auf den Artikel 72 über die Arbeitsweise der EU beziehen. Dieser enthält, dass die einzelnen Mitgliedsstaaten für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung selbst zuständig bleiben. Die Ausrufung einer nationalen Notlage wäre damit also eine Option, würde aber allerdings nur temporär gelten und als Konsequenz eine Anfechtung vor dem Europäischen Gerichtshof mit sich bringen.
Der ehemalige deutsche Verfassungsrichter Hans-Jürgen Papier sei sich aber sicher, dass das deutsche Asylrecht schon genüge. Darin heißt es nämlich, dass Menschen die Einreise zu verwehren ist, wenn diese aus einem sicheren Drittstaat kommen. Dadurch hat Deutschland bereits seit Oktober rund 30.000 Menschen an den Grenzen zurückgewiesen – auch nach Österreich. Allerdings fand dies nur unter der Voraussetzung statt, dass ein Einreiseverbot verhängt wurde und sie kein Asyl beantragen.
Diese Zuständigkeitsprüfung soll nun wegfallen. CDU-Chef Friedrich Merz will aber konkretes wissen, bevor der Deal mit der EU am Dienstag stattfindet. Eine schriftliche Erklärung zu dem Vorgehen habe er bislang nicht erhalten – der Termin wackelt.
"Werden sie nicht aufnehmen"
Die Neuerungen in Deutschland würden vor allem auch Österreich treffen. ÖVP-Innenminister Gerhard Karner verkündete deshalb schon am Montag: "Österreich wird keine von Deutschland zurückgewiesenen Migranten aufnehmen." Die ÖVP Schwesterpartei CDU forderte hingegen Österreich dazu auf, ebenfalls Migranten an der Grenze zurückzuweisen.
Es droht ein Dominoeffekt für das Asylsystem der EU. In Deutschland sind nur noch die Grünen gegen die Zurückweisungen an der Grenze. Sie üben an den Vorhaben schärfste Kritik: "Es droht ein Ende der europäischen Asylpolitik."
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Die deutschen Grenzkontrollen zu Österreich, die seit neun Jahren bestehen, sollen nun auf die gesamte Grenze ausgeweitet werden, und es wird über die Zurückweisung von Asylbewerbern an der Grenze beraten
- Diese Maßnahmen, die auf Druck der Regierung, der CDU/CSU und aufgrund der jüngsten Wahlerfolge der AfD erfolgen, könnten zu einem Dominoeffekt im EU-Asylsystem führen, wobei Österreich bereits angekündigt hat, keine von Deutschland zurückgewiesenen Migranten aufzunehmen