Einzelkinder
Menschen ohne Geschwister sind kreativer
Als egoistisch und asozial werden Einzelkinder oft abgestempelt. Dabei ist bewiesen, dass die Unterschiede zu Geschwisterkindern nicht so groß sind.
Einzelkinder sind asozial, können nicht teilen, sind verwöhnt und sowieso einfach ein bisschen komisch: Solche Vorurteile hielten sich lange. Das liegt unter anderem auch daran, dass Großfamilien – also mit meist mehr als zwei Kindern – üblich waren. Wer nur ein Kind hatte, fiel aus der Norm. Mittlerweile wurden durch wissenschaftliche Untersuchungen viele dieser Vorurteile widerlegt. Und auch einige Vorteile kamen ans Licht.
Beziehung zu Eltern
Einzelkinder pflegen oft eine engere Beziehung zu ihren Eltern, das zeigte eine Studie der Entwicklungspsychologin Toni Falbo. Das liegt unter anderem daran, dass sie die ungeteilte Aufmerksamkeit ihrer Eltern genießen, was die emotionale Bindung stärken kann. Denn die Beziehungsdynamik zwischen Eltern und Einzelkindern ist oft intensiver als in Familien mit mehreren Kindern. Das bestätigte auch eine aktuellere Studie der Universität Frankfurt.
Akademische Leistungen und Motivation
Einzelkinder zeigen häufig eine höhere Leistungsmotivation, was dazu führen kann, dass sie in der Schule besser und später erfolgreicher im Beruf sind, auch das fand Forscherin Falbo in ihrer Studie heraus. Das könnte laut Fachleuten dadurch erklärt werden, dass Eltern von Einzelkindern ihre Ressourcen und Erwartungen auf ein Kind konzentrieren können, was die akademische Förderung verstärkt. Auch das Geld kann diesbezüglich eine Rolle spielen: Eltern eines Einzelkindes müssen nur einen Bildungsweg finanzieren.
Soziale und emotionale Entwicklung
Während man früher glaubte, Einzelkinder könnten in ihrer sozialen Entwicklung benachteiligt sein, zeigen Studien – so etwa jene der Soziologin Judith Blake – dass Einzelkinder ähnliche Sozialkompetenzen wie Geschwisterkinder entwickeln. Weil Einzelkinder nicht automatisch immer ein anderes Kind zum Spielen in der Nähe haben, lernen sie, auch alleine klarzukommen. Es gelingt ihnen oft leichter, sich selbst zu beschäftigen und sie sind dadurch unabhängiger in der Gestaltung ihrer Freizeit.
Das heißt: Sie können besser alleine lernen und spielen, was unter anderem dazu führt, dass sie selbständiger sind. Und oft auch kreativer: Das fand ein chinesisches Forschungsteam heraus. Allerdings kam die gleiche Studie auch zum Schluss, dass Einzelkinder weniger bereit sind, sich mit Mitmenschen zu arrangieren.
Beziehungen zu Geschwistern
Während Geschwister voneinander lernen und dadurch eine hohe Sozialkompetenz entwickeln können, haben Einzelkinder den Vorteil, dass sie nicht unter den negativen Auswirkungen leiden, sollte die Geschwisterbeziehung unharmonisch sein. Eine Studie der Birmingham University in Utah (USA) zeigte, dass Geschwisterkinder zwar mehr Mitgefühl zeigen und sich stärker für andere einsetzen, jedoch können Spannungen zwischen Geschwistern auch zu negativen emotionalen Zuständen bis hin zu Depressionen führen.
Gar keine so großen Unterschiede
Diese Erkenntnisse der Forschung zeigen, dass die Unterschiede zwischen Einzel- und Geschwisterkindern gar nicht so ausgeprägt sind wie häufig angenommen. Die Entwicklung eines Kindes hängt nämlich von viel mehr Faktoren ab, als nur davon, ob man Geschwister hat oder nicht.