Rechnungshof-Kritik
Mehr als 60 Prozent unserer Panzer nicht einsatzfähig
Der Rechnungshof stellt der Panzerflotte des Bundesheeres ein vernichtendes Zeugnis aus – so reagiert Ministerin Tanner.
Der Rechnungshof hat die 4. Panzergrenadierbrigade des Bundesheeres, welche die schweren Waffen des Österreichischen Bundesheeres umfasst (Panzer, Schützenpanzer, Artillerie) unter die Lupe genommen und stellt ihr ein vernichtendes Zeugnis aus. Laut dem am Freitag veröffentlichten RH-Bericht waren im Zeitraum 2018 bis Juli 2022 durchschnittlich 64 Prozent der Fahrzeuge "nicht feldverwendbar", also nicht einsatzfähig.
Die Gründe: Zu wenig Geld für Investitionen wegen des Sparkurses, Probleme bei Ersatzteil-Beschaffung wegen des hohen Alters der Panzer.
"Abbruchreife Garagen"
Kritik gab es auch an der Unterbringung der Fahrzeuge in teils "abbruchreifen Garagen", unter Flugdächern oder im Freien.
In der Zwischenzeit haben sich allerdings die Rahmenbedingungen, nicht zuletzt wegen der Finanzspritze für das Heer, verändert. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) kündigte im Frühjahr - also nach dem Prüfungszeitraum - eine Modernisierung der Panzerflotte an. In Summe werden 560 Millionen Euro bis 2030 in die 4. Panzergrenadierbrigade investiert, um allein die Panzerfahrzeuge "Leopard" und "Ulan" auf den neuesten und modernsten Stand der Technik zu bringen.
„Mit 560 Mio. Euro erneuern wir die Panzerflotten“
Entsprechend reagierte Ministerin Tanner am Freitag auch auf den RH-Bericht: "Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und auf die geänderten Rahmenbedingungen (Anm.: durch den Ukraine-Krieg) unverzüglich reagiert. Mit allein 560 Millionen Euro erneuern wir die Leopard- und Ulanflotten, zusätzlich werden die Welser und Rieder Kasernen in den nächsten Jahren einige Baumaßnahmen erleben, um die Ansprüche der Zukunft abdecken zu können. In Ried wird ja schon gebaut."
Soldaten schwächeln bei Liegestütz
Verbesserungspotenzial sah der Rechnungshof auch beim Personal: So konnte bei über 12 Prozent des Kaderpersonals der 4. Panzergrenadierbrigade kein positiv abgeschlossener Leistungstest (u.a. Liegestütz und 2.400-Meter-Lauf) für das Jahr 2021 nachgewiesen werden. Außerdem lag laut Bericht bei rund 16 Prozent des Kaderpersonals die Grundschießfertigkeit für Pistole und Sturmgewehr nicht vor. Etwa ein Viertel der Kaderangehörigen erfüllte nicht die Erhaltung der Schießfertigkeit, die bei jährlichen Schießübungen nachzuweisen ist.
Personalmangel beim Heer
Aufmerksam machten die Kontrollore auch darauf, dass der Anteil der besetzten Planstellen bei Offizieren, Unteroffizieren und Chargen seit Jahren rückläufig sei. Von 2015 bis Anfang 2022 waren nur 69 Prozent der Planstellen besetzt. Aufgrund von sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsätzen, etwa an den Grenzen, konnten - bei rückläufigem Personalstand - andere Aufgaben nicht erfüllt werden. Die Assistenzeinsätze hätten sich auch negativ auf die Ausbildung von Grundwehrdienern ausgewirkt.
Auf den Personalmangel beim Heer fokussiert auch die Kritik der SPÖ. "Das höchste Beschaffungsbudget bringt nichts, wenn das Gerät in der Garage stehen bleibt, weil es niemand bedienen kann", so Robert Laimer, Wehrsprecher der Roten. "Wenn 31 Prozent der Planstellen unbesetzt sind, 12 Prozent des Kaders die sportlichen Leistungserfordernisse und 16 Prozent die Grundschießfertigkeit nicht erfüllen, dann ist das ein ernsthaftes Problem", formuliert es Laimer.
Ebenfalls alarmierend sei, dass die Assistenzeinsätze des Bundesheeres die Ausbildung von Grundwehrdienern negativ beeinflusst: „Die Botschaftsbewachung ist Polizeiaufgabe", betont der SPÖ-Wehrsprecher.