Kogler-Kampfansage
"Man darf die FPÖ nicht mehr ungestört wüten lassen"
Grünen-Chef Werner Kogler schießt scharf gegen Herbert Kickl: Aus dem selbsternannten "Volkskanzler" werde schnell ein "Volksverräter".
Bis zum 29. September will die türkis-grüne Bundesregierung trotz aller Zerwürfnisse noch zusammenhalten, am Wahlsonntag werden die Karten jedoch neu gemischt. Derzeit sehen die Umfragen die FPÖ unter Herbert Kickl als Sieger – allerdings nicht unangefochten. Auch er bräuchte mindestens einen Partner, um mit Mehrheit im Nationalrat regieren zu können.
Werner Kogler, aktuell Vizekanzler, warnt in einem freitags veröffentlichten Interview mit der deutschen "Zeit" vor einer Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen: "Wir müssen die Wähler auch darauf aufmerksam machen, was das für das Land bedeuten würde."
"Es steht zu viel auf dem Spiel"
"Österreich ist ein gutes Beispiel dafür, warum da Schreckliches lauert, wenn wir denen freie Hand lassen", schießt der Grünen-Spitzenkandidat scharf gegen die FPÖ. Es sei immer der gleiche Kreislauf: "Oppositionsbank, Regierungsbank – Anklagebank."
Und: "Die produzieren Skandale, die ihresgleichen suchen. Bisher hat sich die FPÖ jedes Mal aus eigener Unfähigkeit in die Luft gesprengt, bevor sie noch weiteren Schaden anrichten konnte. Aber darauf darf man nicht vertrauen", donnert er weiter. "Es steht zu viel auf dem Spiel, um noch mal verlorene Jahre zu riskieren."
„Da wird der 'Volkskanzler' Kickl schnell zum Volksverräter Kickl.“
Die Kickl-FPÖ nehme sich Viktor Orbán als Vorbild, wolle die Medienfreiheit und weitere rechtsstaatliche Grundsätze einschränken. Ungarn läge ohne Milliarden aus Brüssel und riesigen Investitionen aus China, längst am Boden: "Ungarn ist eine Niedergangswirtschaft – Orbánistan heißt Niedergang."
Auch beim Thema Staatssicherheit und der blauen Nähe zu Russen-Kriegstreiber Wladimir Putin warnt Kogler vor einem Schaden für Österreich: "Da wird der 'Volkskanzler' Kickl schnell zum Volksverräter Kickl."
"Die FPÖ lebt von Problemen"
In Sachen Migration und Integration gebe es "viele Sorgen". "Wir brauchen Arbeitsmigration", stellt Kogler mit Blick auf den Fachkräftemangel klar. "Das Risiko von Wohlstandsverlusten ist sehr groß, wenn wir hier nichts unternehmen".
Die FPÖ differenziere hier aber nicht. Denn: "Die FPÖ lebt von Problemen, sie präsentiert keine Lösungen. Oder wie es mein Kollege Robert Habeck sagt: Sie bewirtschaften die Probleme."
"Wenn Kickl dann mit dem Kampfbegriff 'unregulierte Migration' aufhetzt, dann bleiben auch jene Menschen, die wir dringend benötigen, fern."
Kogler grenzt seine eigene Position klar ab: "Selbstverständlich" brauche es Kontrolle an den EU-Außengrenzen. Mit dem jüngst beschlossenen Migrationspakt sei zwar "noch lange nicht alles gelöst", doch dieser trotz aller Kritik "ein Fortschritt".
"Wo soll das sonst hinführen?"
Am Ende heiße ein "Wahlsieg" der FPÖ aber dennoch nicht, dass dann Herbert Kickl auch wirklich Kanzler in Österreich wird, oder die Freiheitlichen wirklich in die Regierung kämen, erinnert der amtierende Vizekanzler an geltendes Recht.
"Deshalb muss man sich zusammentun. Wo soll das sonst hinführen?", stellt Kogler in den Raum. Er will auf lösungsorientierte Zusammenarbeit setzen, positioniert seine Grünen damit klar als potenzielles Mitglied einer drohenden Dreierkoalition.
"Entscheidend ist der Wille zur Zusammenarbeit"
Der Chef der Ökopartei übt sich dazu in Optimismus, dass einer solchen Konstellation hierzulande nicht das selbe Chaos wie der deutschen Ampel drohen werde.
"In Österreich gibt es weder einen Christian Lindner [FDP-Chef und Finanzminister, Anm.] noch eine Schuldenbremse. Lindner ist faktisch eine Ich-AG", agiere nicht lösungsorientiert, so der 62-Jährige.
Er nimmt daraus für Österreich mit: "Es ist nicht entscheidend, ob zwei oder drei Parteien an der Regierung sind, entscheidend ist der Wille zur Zusammenarbeit."
„Man darf die FPÖ nicht mehr ungestört wüten lassen“
Der verorteten Gefahr durch die FPÖ will er schon im Wahlkampf entschieden entgegentreten. Nicht nur, aber besonders in den sozialen Medien, sind seiner Ansicht nach alle anderen Parteien in ihrer Kommunikationsarbeit noch zu schwachbrüstig unterwegs.
Kogler schließt mit einem Aufruf zum Kampf: "Man darf die FPÖ nicht mehr ungestört wüten lassen – auch in den sozialen Medien. Wenn alle nackt über die Blumenwiese laufen, aber die ein Maschinengewehr im Anschlag haben, dann muss die demokratische Mitte reagieren. Und das mit aller Kraft, dann kann das gelingen."