Temperaturempfinden

Männer oder Frauen – wer öfter friert und warum

Die Männer schwitzen, die Frauen bibbern – ein Klischee oder Wahrheit? Neue Erkenntnisse liefern interessante Neuigkeiten.

Heute Life
Männer oder Frauen – wer öfter friert und warum
Sollen sich die einen einfach mehr anziehen oder die anderen weniger?
iStockphoto.com; Collage: heute.at

Vor allem in Großraumbüros ist die Raumtemperatur eines der (Streit-)Themen. Ob Sommer, ob Winter schwebt die Frage in der Luft: Wie kalt/ warm muss es im Büro sein? Sollen sich die einen einfach mehr anziehen oder die anderen weniger? Und stimmt es wirklich, dass Frauen immer kalt ist?

Wer friert häufiger?

Eine Baseler Umfrage mit 2.800 Teilnehmern bestätigt das Klischee: Frauen frieren wirklich häufiger als Männer – und zwar an Händen und Füßen. Insgesamt klagen 31,1 % der Frauen und 6,9 % der Männer über kalte Extremitäten.

"Morphologisch (Körperstrukturell; Anm.) haben Frauen im Durchschnitt weniger Körpermasse, mehr Körperfett, weniger fettfreie Masse, aber weniger Körperoberfläche als Männer", erklärt Prof. Niels Decher, Leiter der vegetativen Physiologie und Pathophysiologie an der Philips Universität Marburg dem "Ärzteblatt". Aufgrund des höheren Körperfettanteils könnten Frauen zwar Wärme besser isolieren, verlieren dadurch aber nicht weniger. Weniger Muskelmasse und geringeres Blutvolumen (als Männer) erfordern mehr körperliche Anstrengung, um Wärme zu produzieren bzw. Wärmeverlust auszugleichen.

Frauen frieren bei 11 Grad, Männer bei 10 Grad

In einer kleinen Untersuchung mit 23 weiblichen und 20 männlichen Teilnehmern konnte dies mithilfe eines Elektromyogramms (EMG) nachgewiesen werden. Bei dieser Methode wird die elektrische Muskelaktivität anhand von Aktionsströmen der Muskeln gemessen und als Elektromyogramm dargestellt. Während bei Frauen die unwillkürlichen Muskelkontraktionen zur Wärmeproduktion im Schnitt bei 11,3 °C einsetzten, war dies bei Männern erst bei unter 10 °C erreicht.

Ist Temperaturempfinden genetisch bedingt?

Decher bringt sogar die Genetik ins Spiel. Er vermutet, dass Männer und Frauen möglicherweise ein genetisch bedingtes unterschiedliches Temperaturempfinden haben. Das Gen KCNQ1 kodiert für einen Kaliumionenkanal, der in verschiedenen Organen vorhanden ist und in der Haut als Temperatursensor fungiert. Im Mäuseversuch schalteten sie das Gen aus und es zeigte sich: Nur die männlichen Mäuse verblieben anschließend längere Zeit bei geringeren Temperaturen und zeigten "Defizite in der Kältevermeidung", wie Decher es bezeichnet.
Eine Erklärung für diesen Unterschied sei, dass der Ionenkanal durch Testosteron angeregt und durch Östrogen gehemmt werde. Dadurch würden weibliche Tiere möglicherweise bereits von Haus aus über andere Mechanismen zur Kältevermeidung verfügen.
Aktuell untersuchen Decher und sein Team, ob Menschen mit genetischem Funktionsverlust in dem KCNQ1 Kanal auch eine veränderte Temperaturwahrnehmung haben.

Auf den Punkt gebracht

  • Frauen frieren tatsächlich häufiger als Männer, insbesondere an Händen und Füßen, was durch eine Baseler Umfrage mit 2.800 Teilnehmern bestätigt wurde
  • Dies liegt an Unterschieden in der Körperstruktur und Muskelmasse sowie möglicherweise genetischen Faktoren, die das Temperaturempfinden beeinflussen
red
Akt.