Scans belegen es

Links oder Rechts? Unser Hirn löst Wahlverhalten aus

Eine aktuelle Studie den Niederlanden und Griechenland zeigt: Konservativen und progressiven Ansichten lassen sich in zwei Hirnarealen ablesen.

Links oder Rechts? Unser Hirn löst Wahlverhalten aus
Der Blick ins Gehirn gibt einiges preis. Das bestätigt nun auch eine im Fachjournal "iScience" veröffentlichte Studie. (Symbolbild)
Getty Images

Lassen sich unsere politischen Ansichten am Gehirn ablesen? Das wollte ein niederländisch-griechisches Forschungsteam jetzt mit Hirnscans von fast tausend Testpersonen aus den Niederlanden herausfinden.

Fündig wurden sie im Bereich der Amygdala, ein für Angst und Risikobewertungen zuständiges Hirnareal, und im Bereich des fusiformen Gyrus, einem Areal im Schläfenlappen. Die Studie wurde im Fachjournal "iScience" veröffentlicht.

So lief die Studie ab

Für die Studie nahm das Team die Gehirne von 928 Niederländerinnen und Niederländern im MRT unter die Lupe und befragten die Teilnehmenden zudem zu ihren politischen Einstellungen. Aber nicht nur, wie Hauptautor Diamantis Petropoulos Petalas vom American College of Greece in Athen sagt: "Wir betrachten Ideologie als ein komplexes, mehrdimensionales Produkt." Dazu gehörten unterschiedliche Einstellungen zu sozialen und wirtschaftlichen Fragen sowie die Identifikation mit progressiven oder konservativen Idealen. "Es geht wirklich nicht nur um links oder rechts."

Blick in die Amygdala deckt Tendenzen auf

Die Auswertung zeigte, dass die Amygdala bei Menschen mit eher konservativen Ansichten etwas vergrößert ist.

Der Unterschied betrug jedoch nur etwa die Größe eines Sesamkorns. "Die Amygdala des durchschnittlichen konservativen Wählers ist 157 Sesamkörner groß, die des durchschnittlichen progressiven Wählers 156", so Co-Autor Steven Scholte. Das wirke nicht nach viel, könne aber durchaus "mit erheblichen Abweichungen in der funktionellen Orchestrierung und der neuronalen Konnektivität verbunden sein", so die Forscher. Denn der Unterschied entspreche Tausenden von Neuronen und Millionen von neuronalen Synapsen.

Die Auswertung deckte auch Nuancen auf: So hatten etwa Teilnehmer, die sich mit der sozialistischen Partei identifizierten, die eine radikal linke Wirtschaftspolitik, aber konservativere soziale Werte vertritt, im Durchschnitt mehr graue Substanz in der Amygdala als Teilnehmer anderer progressiver Parteien. "Wir stellen eine sehr schöne positive Korrelation zwischen der politischen Ideologie der Parteien und der Amygdala-Größe einer Person fest", so Petropoulos Petalas.

Wir stellen eine sehr schöne positive Korrelation zwischen der politischen Ideologie der Parteien und der Amygdala-Größe einer Person fest.
Diamantis Petropoulos Petalas vom American College of Greece in Athen

Einfluss auf Persönlichkeit und Einstellung

Laut den Forschenden deuten die identifizierten Unterschiede darauf hin, dass die Amygdala durchaus einen Einfluss auf die Persönlichkeit und damit auch unsere Einstellung haben kann: "Die Amygdala kontrolliert unsere Wahrnehmung und Bewertung von Bedrohungen und Risiken", zitiert Scinexx.de Petropoulos Petalas. "Daher macht es durchaus Sinn, dass Menschen, die dafür sensibler sind, auch ein höheres Bedürfnis nach Sicherheit haben. Und das ist etwas, das typischerweise eher von der konservativen Politik repräsentiert wird."

Unterschiede beim fusiformen Gyrus

Doch nicht nur die Amygdala war bei politisch konservativen Personen größer als bei anderen, sondern auch der fusiforme Gyrus. "Dieser Bereich hat mit der Gesichtserkennung zu tun", so Petropoulos Petalas. Daher sei es nicht verwunderlich, dass er beteiligt sein könnte, wenn man über politische Themen nachdenkt.

Schon die Erinnerung an das Gesicht eines Politikers könnte zum Beispiel den Gyrus fusiformis ein wenig aufleuchten lassen.
Diamantis Petropoulos Petalas vom American College of Greece in Athen

"Politische Themen erinnern uns oft an die politischen Persönlichkeiten, die die Ideologie zu diesem Thema repräsentieren." In anderen Worten: "Schon die Erinnerung an das Gesicht eines Politikers könnte zum Beispiel den Gyrus fusiformis ein wenig aufleuchten lassen."

Was heißt das jetzt?

Nach Ansicht der Forschenden deuten die Resultate darauf hin, dass es vielleicht tatsächlich eine neurologische Komponente in unserer Denkweise und politischen Haltung gibt. Sie betonen aber auch, dass die Forschung dazu erst ganz am Anfang steht. Sie warnen außerdem vor Stereotypen und Vereinfachung. Es brauche weitere Untersuchungen.

Auf den Punkt gebracht

  • Eine aktuelle Studie aus den Niederlanden und Griechenland zeigt, dass konservative und progressive politische Ansichten in zwei Hirnarealen, der Amygdala und dem fusiformen Gyrus, sichtbar sind
  • Die Forscher betonen jedoch, dass die Forschung noch am Anfang steht und warnen vor Stereotypen und Vereinfachungen
red, 20 Minuten
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