Österreich

Lehrermangel  Kinder wollen Lehrerin selbst bezahlen

Glattauer gibt Noten. Heute: Mehr Lehrer bitte! Kinder wollen Lehrerin zahlen – mit Sparbuch! Und: Schwierige Kinder werden heiße Kartoffeln.

Niki Glattauer
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Jeden Montag gibt Niki Glattauer in "<em>Heute</em>" Noten.
Jeden Montag gibt Niki Glattauer in "Heute" Noten.
Sabine Hertel

Mehr Lehrer bitte! Koste es, was es wolle …

Auch "Heute" berichtete: In Wien sorgt ein neues Modell der behördlichen Lehrerstunden-Zuteilung (nach Schülerköpfen) dafür, dass sich Schulen gezwungen sehen, Klassen zuzusperren und dafür die anderen "bis auf den letzten Stehplatz" anzufüllen – leider auf Kosten der Kinder (siehe unten).

Hintergrund: In Österreichs Städten von Linz, Graz, St. Pölten bis Bregenz, aber vor allem in Wien stehen Tausende (!) Lehrerinnen zu wenig in den Klassen. Dabei arbeitet man in Ballungsräumen unter Verhältnissen, die man sich in den Elfenbeintürmen der Politik gar nicht vorstellen kann. Hauptproblem ist eine exponenziell steigende Zahl von Kindern mit Lern- und Verhaltensproblemen, darunter – zugewandert aus aller Herren Länder – viele ohne jegliche Deutschkenntnisse. An Wien adressiert: Wie wäre es, statt "kostenneutral" ein Loch mit dem anderen zu stopfen, endlich für ausreichend Lehrer zu sorgen? Wo, wenn nicht bei der Bildung, muss gelten: Koste es, was es wolle!

Note: Nicht genügend

Kinder wollen Lehrerin zahlen – mit Sparbuch!

In einer Volksschule in Wien ist die Verzweiflung über eine drohende Klassenschließung so groß, dass die Eltern jetzt sogar mit dem Vorschlag kommen, eine Lehrerin aus eigener Tasche zu bezahlen. Konkret geht es um eine 3., im nächsten Schuljahr dann 4. Klasse der öffentlichen Volksschule OVS Ober St. Veit. Weil jetzt die Schule (siehe oben) 10-Lehrerinnen-Stunden weniger bekommt, muss die Direktorin die Klasse (mit 18 Kindern) zusperren und diese auf ihre vier anderen 4. Klassen aufteilen.

Eine Mutter, selbst Lehrerin von Beruf, schreibt mir: "Wir waren alle entsetzt, dass das möglich ist. Wir halten das Aufteilen der Kinder nach dem Corona-Jahr für eine weitere psychische Belastung, noch dazu in einer Abschlussklasse! Als wir es unseren Kindern gesagt haben, haben sie geweint. Sie wollen jetzt für eine Lehrerin ihr ganzes Taschengeld auf ein Sparbuch legen, um zusammenbleiben zu können!" Muss es wirklich so weit kommen, werte Wiener Schulbehörde?

Note: Nachprüfung

Glattauer gibt Noten
Niki Glattauer war 25 Jahre Lehrer und Schuldirektor in Wien. Er hat bisher 13 Bücher veröffentlicht, alle zum Thema Schule wurden Bestseller. Jeden Montag vergibt er in einer Kolumne für "Heute" Schulnoten.
Alle seine Artikel findest Du hier.

Schwierige Kinder werden heiße Kartoffeln

Ich war in den letzten Jahren primär für "schwierige Kinder" (= Förderbedarf) zuständig, die einen bei mir im Haus, die anderen in "Integrationsklassen", aufgeteilt auf ein halbes Dutzend Volksschulen. Keine Klasse dort, in der nicht die Hälfte der Kinder besser in Kleingruppen aufgehoben gewesen wäre, nicht wenige hätten sogar Einzelbetreuung nötig gehabt. Man erspare mir Details, aber die Verzweiflung von bis über ihre Grenzen geforderten Lehrerinnen gehört inzwischen zum Alltag eines städtischen Pflichtschul-Direktors, egal, wo.

Wenn man diese Schulen jetzt zwingt, ihre Klassen weiter anzufüllen, weil die Behörde nach Schülerköpfen bezahlt statt nach Schülerwohl, verübt man sonderpädagogischen Totschlag. Schulen werden "schwierige Kinder" noch mehr als bisher wie heiße Kartoffeln behandeln, die man am besten nicht angreift …

Note: Nicht genügend
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    Screenshot Facebook/Markus Reperich; Google Street View