Suspendierungen verdoppelt
Lehrerin mit Mord bedroht – Bursch flog von der Schule
Schüler, die wiederholt durch Gewalt auffallen, können bis zu vier Wochen vom Unterricht ausgeschlossen werden. Das kommt immer häufiger vor.
Erst kürzlich hatte sich eine Mittelschullehrerin an "Heute" gewandt. Sie berichtete von schrecklichen Zuständen an ihrer Schule. So musste etwa die Polizei kommen, nachdem eine Lehrerin eine Klasse nicht mehr unter Kontrolle bekam, vier Schüler wurden im Zuge des Einsatzes suspendiert. An der selben Schule musste bereits vergangenes Schuljahr ein Schüler suspendiert werden, nachdem er eine Lehrerin mit Mord bedrohte und beim folgenden Polizeieinsatz sogar eine Polizistin angriff.
Suspendierung wirkt nicht präventiv
In Wien gab es im vergangenen Schuljahr 814 Suspendierungen, die meisten davon betreffen Mittelschulen. Das geht aus einer Anfragebeantwortung von Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) hervor. Im Schuljahr 2018/2019, dem letzten Schuljahr ohne Pandemie-Einschränkungen, waren es in Wien nur 303 Suspendierungen, die Zahl hat sich also mehr als verdoppelt. Dieser Anstieg betrifft auch schon die Jüngsten: 2018/19 wurden in Wien 58 Volksschüler suspendiert, im vergangenen Schuljahr waren es bereits 116.
Eine Suspendierung kann Schüler auch mehrfach treffen. Die zuletzt 814 Suspendierungen in Wien teilten sich auf 664 (meist männliche) Schüler auf. Die Suspendierung ist eine Sofortmaßnahme, um potenzielle Gewalt von Lehrern und Mitschülern abzuwenden, wirkt aber nicht Präventiv gegen Gewaltphänomene, erklärt Lehrervertreter Paul Kimberger (FCG) gegenüber dem "ORF Wien".
Gewalt werde immer extremer
Der Lehrervertreter fordert professionelles Unterstützungspersonal wie Psychologen und Sozialarbeiter für die auffälligen Schüler. Auch Timeout-Klassen könnten weiter eine Möglichkeit sein. Schüler, die nicht mehr in eine normale Klasse passen, könnten dort in einem separaten Bereich unterstützt werden.
"Auseinandersetzungen in der Schule gab es früher auch, aber jetzt gibt es keine Grenzen mehr", so Kimberger zum "ORF Wien". Die Form der Gewalt werde auch immer extremer. Sie sei zwar nach wie vor ein Minderheitenphänomen, dieses wachse aber. Auch soziale Medien sieht der Lehrervertreter als einen Grund dafür.
Eltern mehr in die Pflicht nehmen
Jürgen Bell ist Leiter der Schulpsychologie in der Wiener Bildungsdirektion. Er betont, dass die Zunahme der Suspendierungen nicht gleich heißt, dass auch die Gewalt zunimmt. Im Gegenteil: die Sensibilität für das Thema habe zugenommen, Schulen würden Gewalt schneller ahnden. Doch sie können das Problem nicht alleine lösen, Lehrervertreter Kimberger fordert mehr Unterstützung von Öffentlichkeit und Politik.
Auch Schulpsychologe Bell weiß: "Die Schule kann nicht alles selber leisten". Er will aber künftig die Eltern mehr in die Pflicht nehmen. Sollten diese etwa die Beratung durch Schulpsychologen oder -sozialarbeiter ablehnen, geht eine Gefährdungsmeldung an die Kinder- und Jugendhilfe.