Bildungs-Misere

„Lehrer muss Satz 12 Mal sagen, bis er verstanden wird“

Kein Ende der Negativ-Schlagzeilen über unsere Schulen. Die oberste Eltern-Vertreterin beschreibt für "Heute", wie schlimm es wirklich ist.

Newsdesk Heute
„Lehrer muss Satz 12 Mal sagen, bis er verstanden wird“
Elternvertreterin Evelyn Kometter beschreibt die schlimme Lage in den Klassen.
Michael Tagger, iStock

Diese Zahlen verstören seit Tagen die Öffentlichkeit. Ein Drittel der Kinder in der ersten Klasse Volksschule können dem Unterricht nicht folgen. Hauptgrund: Sie können kein Deutsch, verstehen die Lehrer nicht. Und das, obwohl die meisten in Österreich geboren wurden. Weiters: 70 Prozent der Pflichtschüler sprechen im Alltag nicht Deutsch – mit gravierenden Folgen in den Klassen.

Die Herausforderung für alle Beteiligten – Schüler, Lehrer, Eltern – ist gewaltig. Eine Lösung ist nicht in Sicht, währenddessen wird in den Schulen die Lage immer schlimmer.

Chaos: "Lehrerin wird nicht ernst genommen"

So beschreibt es Evelyn Kometter, Vorsitzende des Dachverbands der Elternverbände. Sie erzählt im Gespräch mit "Heute" von der bitteren Realität in einer Klasse: "Der Lehrer muss 10- bis 12-Mal einen Satz wiederholen, bis er endlich verstanden wird. Bis dahin sind aber schon zwei Drittel der Stunde um."

In ihrer Funktion erlebt Kometter einen wahren Ansturm an Eltern, die sich über die Zustände in den Klassen Österreichs beschweren. "Da gibt es zum Beispiel eine Mutter, deren Sohn mit 22 Schülern in der Klasse ist - nur drei davon können Deutsch." Das Ergebnis in dieser ersten Klasse einer Mittelschule, es herrscht Chaos: "Die Lehrerin wird nicht ernst genommen und nicht verstanden."

Der Frust in den Klassen wächst - bei Schülern und Lehrern.
Der Frust in den Klassen wächst - bei Schülern und Lehrern.
Getty Images/iStockphoto

Lehrern wird Mobbing vorgeworfen

Gewaltige Lernprobleme entstehen für die Kinder, die dem Unterricht folgen können, erzählt die Expertin: "Sie werden von den Pädagogen hintangestellt, werden im Lernen stark gebremst. Die Kinder sind auf sich alleine gestellt, müssten sich selbst den Stoff beibringen. Das geht natürlich nicht, deswegen sinkt das Niveau."

In der Praxis kümmern sich die Lehrer fast immer um die Langsamen, "sonst wird ihnen Mobbing vorgeworfen" erzählt Kometter weiter.

Die eigentlichen Lernziele schaffen viele Klassen nicht mehr. Eine der Konsequenzen beschreibt die Vorsitzende der Elternvereine: "Eltern, die es sich leisten können, aber auch solche, die ihr Geld mühsam zusammenkratzen müssen, schicken ihre Kinder in Privatschulen. Viele stürzen sich deswegen in finanzielle Schwierigkeiten, die Schulen kosten ab etwa 350 Euro pro Monat."

"Die anderen Schüler bleiben unbetreut"

Für den Rest – im öffentlichen System – wird die Lage dadurch verschlechtert. Sie erzählt noch ein Beispiel aus der Praxis: "Eine Klasse hat 17 Schüler, 12 davon können nicht gut genug Deutsch. Mit denen muss sich der Lehrer intensiv beschäftigen. Die anderen Schüler bleiben also unbetreut – es gibt einfach nicht genug Personal."

Früher, so die Elternvertreterin, hätte man diese Klasse getrennt und die mit guten Deutschkenntnissen wären adäquat betreut gewesen. Jetzt geht das nicht – es gibt das Personal nicht mehr, sagt Kometter.

Lehrerin soll Sohn nichts anschaffen: "Weil sie eine Frau ist!"

Kulturunterschiede spielen in Klassen auch eine immer größere Rolle. "Frauen werden von vielen anders behandelt. Da kommt etwa der Vater eines Kindes in die Schule und sagt, die Lehrerin habe seinem Sohn nichts zu melden - weil sie eine Frau ist."

Solche Fälle spielen sich nicht nur in Wien ab, so die besorgte Vertreterin der Eltern, sondern auch in Oberösterreich, Tirol, Salzburg und Kärnten.

Forderung: Drittel mehr Lehrer

Kritik übt sie auch an der vielzitierten Deutschförderstunde, "das ist Augenauswischerei. Sie sollte schon im Kindergarten beginnen, damit der Wortschatz bis zur ersten Klasse ausreicht, um dem Unterricht zu folgen."

Die Lösung zumindest eines Teils der Misere: "Wir haben einfach zu wenig Lehrer, brauchen 30 % mehr. Und auch um ein Drittel mehr Personal im schulpsychologischen Bereich", fordert Evelyn Kometter zum Abschluss unseres Gesprächs.

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