Wirtschaft
Lebensmittel retten auf kulinarische Art
"Unverschwendet" verwertet entsorgtes Obst und Gemüse. Der WKÖ-Initiative #schaffenwir erzählt Gründerin Cornelia Diesenreiter, was sie antreibt.
760.000.000 - in Worten: siebenhundertsechzig Millionen - Kilogramm Lebensmittel werden laut Ökologie Institut/WWF jährlich in Österreich verschwendet. 53 Prozent aller weggeworfenen Lebensmittel gehen dabei auf das Konto der privaten Haushalte. In einem durchschnittlichen Haushalt wird ein Viertel der eingekauften Lebensmittel entsorgt, vieles davon ungeöffnet. 30 Prozent landen bei Landwirtschaft und Produzenten im Müll, 12 Prozent in der Gastronomie und 5 Prozent im Handel.
7 Gründe, warum in Österreich so viel gutes Obst und Gemüse weggeworfen wird
1. Abweichung von der Größennorm: Für den Supermarkt müssen Früchte oft die richtige Größe haben. Auch werden beim Verkauf von einzelnen, losen Früchten die unterschiedlich großen Früchte auf der Suche nach der Richtigen öfter angegriffen, wodurch sie schneller schlecht werden und es zu einem Verlust für den Markt kommen kann. Deshalb gibt es oft nur eine sehr geringe Toleranz in Zentimeter oder Gramm, in die die Früchte passen müssen.
2. Unförmigkeit: Nicht nur die richtige Größe spielt eine Rolle, sondern auch die Form. Obst und Gemüse das zu unförmig ist, wird schnell aussortiert, wenn die Form etwa nicht Maschinen-konform ist. Aber auch wenn die Form für das Weiterverarbeiten für private KonsumentInnen zu schwierig ist, wird aussortiert.
3. Nicht wie aus dem Bilderbuch: Wenn die Unförmigkeit ganz sonderbare Formen annimmt, dann können schon auch “Kreaturen” entstehen, die Konsumenten nicht ansprechend finden. Vor allem Gourmetrestaurants legen großen Wert auf eine makellose Form. Absurd wird es aber bei dem Thema Farbe: Tomaten können etwa zu rot sein. KonsumentInnen greifen lieber zu den leicht orangen Tomaten - in der Hoffnung, dass diese länger haltbar sind. So bleiben die besten Tomaten beim Bauer oder der Bäuerin über und werden gar nicht erst zum Supermarkt geliefert.
4. Überproduktion: Bauern müssen oftmals exakte Liefermengen zu bestimmten Zeiten garantiert abliefern können, um gelistet zu bleiben. Um das erfüllen zu können, müssen viele Faktoren, wie etwa das unberechenbare Wetter, bedacht werden. Wenn das Wetter dann viel besser ist als erwartet, werden mehr Früchte reif als nötig. Darüber hinaus gibt es noch saisonale Überschüsse aufgrund gleichzeitig reif werdender großer Mengen und auch wenn der erste Frost kommt, müssen oft große Mengen gleichzeitig sofort geerntet werden. In manchen Fällen sinkt auch die Nachfrage mit der Zeit und Reste werden auf dem Feld belassen.
5. Fehlplanung und Überschüsse: Schwierig planbare Szenarien gibt es aber auch auf der anderen Seite. Wenn man z.B. ein Event für über 20.000 Leute plant, denen man über 5 Tage lang frische Äpfel zur Verfügung stellt, dann will man natürlich ebenso abgesichert sein. Da können dann schon ein paar Hundert Kilo übrig bleiben. Aber auch Supermärkte, Märkte, Gastwirtschaften sowie ProduzentInnen haben es mit Schwankungen und wechselndem Interesse zu tun und bleiben so auf bestellter Ware sitzen.
6. Ungenutzte Ressourcen: Allein in Wien gibt es unzählige Schrebergärten mit den besten Marillen, Kirschen und Kriecherl, die niemand ernten kann oder will. Stattdessen ist es einfacher, im Supermarkt ein Schälchen Marillen mitzunehmen, anstatt das Angebot der Nachbarin anzunehmen, selbst ernten zu gehen, weil der eigene Obstbaum zu viele Früchte für den Eigenverbrauch trägt. Die Früchte fallen zu Boden, fangen dort an zu gären und ziehen Wespen an oder sorgen manchmal zusätzlich auch noch für eine Schneckenplage.
7. Falscher Zeitpunkt: Die Reifezyklen von Obst und Gemüse richten sich leider auch nicht nach den Bedürfnissen der Konsumenten. So sind Gastronomie und Supermärkte nicht darauf vorbereitet, wenn der Spargel schon Ende März reif ist. Ebenso kauft Ende September kaum jemand noch Wassermelonen, da seltener Badewetter ist und im Supermarkt schon Lebkuchen im Regal steht.
Viele Gründe
Die Gründe sind vielfältig: Entweder weil die Frucht zu klein oder zu groß geraten ist oder weil sie nicht unserer Idealvorstellung einer Karotte oder eines Pfirsich entsprechen. Deshalb muss man sie nicht gleich wegwerfen - dachten sich Cornelia Diesenreiter und ihr Bruder Andreas, die 2016 ihr Unternehmen "Unverschwendet" gründeten und bis heute vom Schwendermarkt in Wien-Rudolfsheim Fünfhaus aus führen.
„"Wir leisten mit 'Unverschwendet' einen wichtigen Beitrag zur Bewusstseinsbildung im Bereich Lebensmittelabfallvermeidung in der Landwirtschaft in der breiten Bevölkerung", erzählt Cornelia Diesenreiter auf #schaffenwir. Unter dem Motto „WIRTSCHAFT FÜR MORGEN“ holt die Initiative der WKÖ Unternehmen vor den Vorhang, die dem Klimawandel mit guten Geschäftsideen begegnen.“
Die kulinarische Lösung gegen Lebensmittelverschwendung
Ihre Mission: Gutes, aber "unperfektes" Obst und Gemüse verwerten. Deshalb holt "Unverschwendet" den Überschuss direkt von landwirtschaftlichen Betrieben ab und verarbeitet ihn weiter zu Marmelade, Sirup, Chutneys, Eingelegtes, Süß-Saures, Ketchup, Saucen und vieles mehr. Auf diese Weise konnten seit der Gründung insgesamt schon über 150 Tonnen Obst und Gemüse gerettet werden.
"Wir arbeiten außerdem bereits mit der Wiener Tafel und anderen Sozialeinrichtungen zusammen. Mehrere weitere Wege werden bereits ausgetestet und in naher Zukunft auch öffentlich zugänglich gemacht", so die in Steyr geborene Cornelia Diesenreiter.
Erhältlich sind die Produkte im eigenen Geschäft, im Online-Shop und in Feinkostläden sowie im Lebensmittelhandel. Waren es zu Beginn nur 500 Gläschen, die verkauft wurden, waren es 2018 bereits 100.000. Auch in Länder wie Belgien, Kanada und Frankreich haben es die Gläschen bereits geschafft. "Wir wollen weiter wachsen, über die Grenzen von Österreich hinaus", so Wahl-Wienerin Diesenreiter.
Die ganze #schaffenwir-Erfolgsgeschichte von Unverschwendet lesen: https://schaffenwir.wko.at/erfolgsgeschichten/das-ende-der-verschwendung-wirtschaftfuermorgen
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG