Teurer Einkauf

"Kunden erschüttert" – Supermarkt-Expertin packt aus

Für immer mehr Österreicher wird der Supermarkt-Einkauf zur Teuerungs-Qual. Nun analysierte eine Expertin die Situation in der ORF-"ZIB2".

Rene Findenig
"Kunden erschüttert" – Supermarkt-Expertin packt aus
Die Generaldirektorin der Bundeswettbewerbsbehörde, Natalie Harsdorf-Borsch, am späten Freitagabend in der ORF-"ZIB2".
Screenshot ORF

Vor exakt einer Woche sorgte die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) mit einem Bericht für Aufsehen. So wurde die Frage, ob im Lebensmittelhandel die Preise unbegründet und heimlich erhöht wurden, mit "Nein" beantwortet. Kritik gab es aber an der Situation in Supermärkten, denn hinter den Kulissen soll es System haben, dass Zulieferer mit der Aufkündigung von Verträgen drohen, um die Preise nach oben zu treiben. Die Erkenntnisse wurden recht unterschiedlich aufgenommen. Während sich der Handel durch den Bericht dem Vorwurf, die Preise nach oben zu treiben und von der Inflation zu profitieren, entlastet und sogar als Opfer der Teuerung sah, sprachen andere Stimmen von einer "Bankrotterklärung für den Lebensmittelhandel" und sahen einen "Österreich-Zuschlag" als bestätigt an.

Die Generaldirektorin der Bundeswettbewerbsbehörde, Natalie Harsdorf-Borsch, nahm zu der Causa schließlich am späten Freitagabend in der ORF-"ZIB2" bei Moderatorin Margit Laufer Stellung. Eine Branchenuntersuchung habe sich auch unfaire Praktiken im Handel angesehen, vier von zehn Lieferanten hätten mitgeteilt, dass sie von "schwarzen Klauseln" betroffen seien, also von Scheinrechnungen für Produkte mit hohen Pauschalbeträgen sei die Rede. Eine Untersuchung der Produktgruppen wiederum habe gezeigt, dass die Preissteigerungen eher "den Herstellern" als den Supermärkten zuzuschreiben seien, so Harsdorf-Borsch. Der Handel habe die Preise nicht breitflächig erhöht, um Profite zu machen, aber die Preissteigerungen an die Kunden weitergegeben, wie es etwa beim Thema gestiegene Energiekosten geschehen sei.

Wie könne man gegen den Österreich-Aufschlag, durch den Produkte in Österreich deutlich teurer als etwa in Deutschland seien, vorgehen? Nicht wirklich, so die Expertin. "Da sieht man einfach, das zum Teil andere Preise gemacht werden für den österreichischen Markt", so Harsdorf-Borsch. Der Bericht sei der Europäischen Kommission übermittelt worden, denn die Macht der BWB ende an der Grenze Österreichs. Ein Ergebnis der BWB-Untersuchung war übrigens, dass der Konsument "erschüttert" war über die großen Preissteigerungen und auch, dass Packungsgrößen gleich bleiben würden, aber sich der Inhalt ändern würde. Solle die BWB auch Transparenzmaßnahmen auferlegen dürfen? Das müsse man sich genau ansehen, aber das habe in anderen Ländern schon gut funktioniert, so die Expertin. 

"Bankrotterklärung für den heimischen Lebensmittelhandel"

Bereits vor einer Woche kam es zu heftigen Reaktionen auf den BWB-Bericht: "Nicht zur Tagesordnung übergehen" wolle dagegen Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl, die forderte, die "Regierung muss beim Preisrecht endlich handeln". Entlastet sah sich auch der Bauernbund, die "Bauern tragen an der Teuerung keine Schuld", so NÖ-Bauernbunddirektor Paul Nemecek. "Alles wird teurer und keiner wars" spottete dagegen FPÖ-Konsumentensprecher Peter Wurm. "Die große Erleuchtung, dass es einen 'Österreich-Preisaufschlag' gibt, fällt aber auch nicht gerade unter 'Breaking News', sondern viel mehr unter 'neuem Wein in alten Schläuchen'", so Wurm. "Die Lebensmittelpreise sind nach wie vor exorbitant hoch."

Eine "Bankrotterklärung für den heimischen Lebensmittelhandel" ortete dagegen oekoreich-Sprecher Sebastian Bohrn Mena: "Die enorme Marktkonzentration in Österreich führe zu großer Intransparenz für Konsumenten, die Handelskonzerne üben unfaire Praktiken gegenüber Lieferanten, die sogar die Behörde beunruhigen. Die kleinen Nahversorger sterben aus, das Oligopol wird immer stärker." Und nun stellt auch SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter eine provokante Rechnung auf: "Die Österreicher:innen zahlen zu viel in den Supermärkten. Es gibt den Österreich-Zuschlag von rund 1.000 Euro pro Haushalt und Jahr."

"Der BWB-Bericht sollte für die Regierung ein Weckruf sein, nicht das Signal, weiterhin nichts zu tun", so Matznetter. Doch nicht nur der "Österreich-Zuschlag" sei schuld an den hohen Preisen, so der Politiker, sondern auch, dass "das Versagen der Bundesregierung gegen die hohen Energiepreise eins zu eins auf die Preise in den Supermärkten durchgeschlagen hat". Zwar bestätigt auch Matznetter die BWB-Einschätzung, dass Supermärkte ihre Gewinnmargen zwar nicht erhöht, aber "die hohen Preise vor allem für Energie ungemindert an ihre Kundschaft weitergereicht" hätten. Die SPÖ fordert weiter "dass die Preise in den zentralen Sektoren Energie, Lebensmittel und Wohnen durch Regulierung, eine Preiskommission mit Biss und durch die temporäre Senkung der Mehrwertsteuer auf Güter des täglichen Bedarfs gesenkt werden müssen".

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