Nach Beschwerde
Küchenhilfe von Koch sexuell belästigt, dann gefeuert!
Eine Alleinerzieherin wurde drei Monate lang von einem Koch sexuell belästigt. Sie bat ihre Chefin um Hilfe. Als sie krank wurde, wurde sie gefeuert.
79 % der Frauen und 54 % der Männer in der Gastronomie haben in den letzten zwei Jahren sexuelle Belästigung beobachtet oder erlebt. Das ergab eine Online-Umfrage (881 Befragte), die die Arbeiterkammer Wien von November bis Dezember 2023 durchgeführt hat.
Auch eine Küchenhilfe wurde während ihrer dreimonatigen Arbeitszeit ständig vom Koch sexuell belästigt. Die Alleinerzieherin bat ihre Chefin um Hilfe – ohne Erfolg. Da die Wienerin aber auf das Gehalt angewiesen war, versuchte sie trotz der belastenden Umstände durchzuhalten.
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Anspruch auf Schadenersatz
Als die Frau eines Tages krank wurde, meldete sie ihren Krankenstand ordnungsgemäß. Doch die Chefin behauptete, sie sei der Arbeit unentschuldigt ferngeblieben – und feuerte sie, ohne Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist.
Die Betroffene wandte sich an die Arbeiterkammer, Juristin Nicole Reiter klärte sie über ihre Rechte auf: Die Küchenhilfe hat demnach Anspruch aufgrund der ungerechtfertigten Entlassung sowie auf Schadenersatz – sowohl vom Koch, als auch von der Chefin, die gesetzlich dazu verpflichtet gewesen wäre, die Arbeitnehmerin vor der Belästigung zu schützen.
„Ich hoffe, dass mehr Frauen sich schneller Hilfe bei uns holen. Dass sie wissen, dass sie da nicht allein durchmüssen“
Leider meldete sich die Wienerin nach der Erstberatung nicht mehr: "Ich glaube, sie war insgesamt zu sehr belastet und hatte keine Kraft mehr, da weiterzukämpfen. Ich hoffe, dass mehr Frauen sich schneller Hilfe bei uns holen. Dass sie wissen, dass sie da nicht allein durchmüssen", meint AK-Juristin Reiter.
Die Arbeiterkammer Wien verzeichnete in den letzten Jahren in der Beratung eine starke Zunahme von sexueller Belästigung. So führten 60 % der Online-Befragten an, dass die Arbeitgeber nichts taten, obwohl die Belästigung gemeldet wurde. 28 % meldeten den Vorfall gleich gar nicht, weil sie keine Hilfe erwarteten.
Arbeitgeber in der Pflicht
"Leider zeigt sich immer wieder, dass Arbeitgeber ihrer gesetzlichen Verantwortung, ihre Mitarbeiter vor sexueller Belästigung zu schützen, nicht nachkommen. Aber es ist eine Verpflichtung, vor der man sich nicht drücken kann: Arbeitgeber müssen Abhilfe schaffen, am besten, indem sie Täter und Betroffene räumlich trennen, also einen Gast des Lokals verweisen oder Lokalverbot erteilen, den Täter versetzen, oder, wenn das nicht möglich ist, zu kündigen. All das geschieht in einem erschreckend geringen Ausmaß", erklärt Ludwig Dvořák, AK-Bereichsleiter für arbeitsrechtliche Beratung.
Die Online-Befragung soll als fundierte Grundlage für die Entwicklung eines Schutzkonzeptes für die Gastro-Branche dienen. Die AK und die Gewerkschaft vida sind dazu derzeit mit der Fachgruppe Gastronomie der Wirtschaftskammer Wien in Gesprächen.
Auf den Punkt gebracht
- Eine Alleinerzieherin wurde drei Monate lang von einem Koch sexuell belästigt, bat ihre Chefin um Hilfe und wurde dann gefeuert, als sie krank wurde
- Laut einer Umfrage der Arbeiterkammer Wien haben 79% der Frauen und 54% der Männer in der Gastronomie sexuelle Belästigung erlebt oder beobachtet, was auf einen dringenden Bedarf an Schutzmaßnahmen in der Branche hinweist