Inflation drückt Umsatz
Krise im Einzelhandel spitzt sich immer weiter zu
Der heimische Handel befindet sich auch im zweiten Jahr der Teuerungskrise weiter auf dem Rückzug. Die Zahl der Insolvenzen steigt.
"Der österreichische Handel verzeichnete heuer auch im dritten Quartal in fast allen Warengruppen drastische Verluste aufgrund der multiplen Krisen, die einen deutlichen Kaufkraftrückgang ausgelöst haben. Vor allem im Non-Food-Handel sind die jüngsten Zahlen besorgniserregend", bilanziert Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes.
Die Umsätze im österreichischen Einzelhandel waren zwar nominell um 2,6 Prozent höher als im Vorjahr – wenn man die Inflation berücksichtigt, lag der Umsatz allerdings real um vier Prozent unter dem Vorjahresniveau. Konkret heißt das: Im Lebensmittelhandel liegt das reale Minus bei -0,4%, im Non-Food-Handel sogar bei -6,8%.
Der letzte Monat mit real gestiegenen Umsätzen war der September 2022. Seither waren die Umsätze 12 Monate in Folge rückläufig.
Damit bestätigen die Zahlen der Statistik Austria auch die Prognosen des Handelsverbandes. "Der heimische Handel befindet sich auch im zweiten Jahr der Teuerungskrise weiter auf dem Rückzug. Insgesamt schrumpft die Nachfrage im Einzelhandel heuer signifikant um -3,9 Prozent. In manchen Handelssparten gehen wir sogar von [...] mehr als zehn Prozent aus. Auch der Onlinehandel wird 2023 erneut deutlich verlieren", prognostiziert Will.
Hinzu kommt: Mehr als ein Viertel (27%) der Händler hat noch immer nicht alle Corona-Entschädigungen in voller Höhe erhalten. Über die Hälfte kämpft mit Personalmangel (51%) oder kann sich keine verstärkten Investitionen leisten, obwohl diese notwendig wären (52%).
"Man sieht, dass unsere Händler einen wesentlichen Beitrag geleistet haben, um die Auswirkungen der Inflation auf die Geldbörsen der Menschen abzufedern – auf Kosten der eigenen Marge und Substanz. Die Zahl der Insolvenzen ist im ersten Halbjahr bereits um zehn Prozent gestiegen, die Schließungen nehmen ebenso breitflächig zu. Viele Händler stehen mit dem Rücken zur Wand, davon ist insbesondere der Onlinehandel sowie der Elektro- und Möbelhandel betroffen", so Will.
"Echte" Arbeitsmarktreform notwendig
Geht es nach dem Handelsverband, dann ist jetzt die Bundesregierung am Zug, gezielt gegenzusteuern, "immerhin stehen tausende Geschäfte kurz vor der Schließung."
Die gestern verkündeten Maßnahmen für längeres Arbeiten seien zu begrüßen. Am Dienstag präsentierte die ÖVP ein "Leistungspaket", das einen späteren Pensionsantritt oder ein Weiterarbeiten neben der Pension attraktiver macht. Doch dass die Österreicher dadurch länger im Erwerbsleben gehalten werden, erwartet Will nicht: "Hier kann leider nicht von einem tatsächlichen Anreiz gesprochen werden, höchstens von einem zarten ersten Schritt. Viel wichtiger wären eine echte Arbeitsmarktreform sowie eine spürbare Lohnsteuersenkung, damit es sich wieder lohnt, mehr arbeiten zu gehen – egal in welchem Alter".