"GPS-Spoofing"

Kriegstaktik gefährdet zivile Luftfahrt

Gefälschte GPS-Signale stören Navigationssysteme: In der Luftfahrt hat das Problem mit den Kriegen in der Ukraine und in Gaza rasant zugenommen.

20 Minuten
Kriegstaktik gefährdet zivile Luftfahrt
GPS-Spoofing kann Flugzeuge jeder Größe betreffen.
Johannes Simon / SZ-Photo / picturedesk.com

Es ist ein wachsendes Risiko für den Flugverkehr in der ganzen Welt: Piloten kämpfen zunehmend mit GPS-Spoofing. Dabei werden die bordeigenen Navigationssysteme von gefälschten GPS-Signalen gestört und die Maschine weicht vom Kurs ab – mitunter Hunderte von Kilometern.

Es ist klar, dass es dabei einen Zusammenhang zwischen Russlands Krieg gegen die Ukraine und Israels Krieg gegen die Hamas gibt. Denn die Routen in den Nahen Osten und nach Nordeuropa sind besonders betroffen. 

Heikler internationaler Luftraum

Teils kam es zu einem vollständigen Verlust der Navigationsfähigkeit, sodass die Besatzung gezwungen war, sich auf mündliche Anweisungen von Fluglotsen zu verlassen. Das berichtet "Ops Group", eine Organisation für Piloten und Flugdienstleiter. Treffen kann es Flugzeuge aller Größen.

Vereinzelt kommt zu wirklich gefährlichen Situationen: So berichtete der Pilot eines Geschäftsreiseflugzeugs nach Dubai, dass die Maschine wegen des Ausfalls seines Navigationssystems ohne Berechtigung beinahe in den iranischen Luftraum eingedrungen wäre. "Das könnte zu echten internationalen Zwischenfällen führen", sagte Todd Humphreys, Professor für Luft- und Raumfahrttechnik an der University of Texas zu "Foreign Policy" (FP).

Neue stärkere Variante

In Kriegsgebieten und an sensiblen militärischen Standorten ist das Stören von GPS-Signalen ein verbreitetes Phänomen. Piloten sind dem zwar nicht voll ausgeliefert und können auf andere Navigationshilfen an Bord zurückgreifen.

Doch: "Seit August 2023 melden Besatzungen eine neue Variante des GPS-Spoofing, bei der das Signal stark genug ist, um die Flugzeugsysteme zu speisen", schreibt FP. "Als Folge wird das IRS innerhalb von Minuten unbrauchbar und in vielen Fällen geht die gesamte Navigationsfähigkeit an Bord verloren".

"Keine Beweise für eine staatliche Beteiligung"

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine ist es in den baltischen Staaten und Nordeuropa zu einer Reihe von Störungen der GPS-Signale gekommen, wobei die stärksten Störungen Ende 2023 beobachtet wurden.

Es wird nicht ausgeschlossen, dass Russland in Erwartung eines künftigen Krieges mit der Nato möglicherweise seine Störungsfähigkeiten testet. Ein Sprecher der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) sagte jedoch, man habe "keine Beweise für eine staatliche Beteiligung und auch keinen Hinweis darauf, dass die zivile Luftfahrt das Ziel ist". Nach Ansicht von Experten ist das Risiko, dass es wegen GPS-Spoofing zu Flugzeugabstürzen kommt, derzeit relativ gering.

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