Direktor spricht Klartext
"Können nur 20 von 50 Minuten tatsächlich unterrichten"
Kriminalität, mangelnde Deutschkenntnisse, Mobbing: Lehrer stehen vor vielen Problemen. "Heute" sprach mit einem Direktor, der sagt, was Sache ist.
Die jüngst präsentierten Zahlen des Innenministeriums sorgen für Debatten: In fast allen Bundesländern verzeichnen die Schulen und Bildungseinrichtungen einen Anstieg der Delikte von 2021 auf 2023. In Oberösterreich ging die Zahl der Gewalttaten von 497 auf 875 hinauf.
Doch wie sieht der Alltag an einer Schule abseits der Statistik aus? "Heute" sprach mit einem Direktor einer Mittelschule im Großraum Linz, der anonym bleiben möchte. Ein zentrales Problem in seinen Augen: "Man kommt als Lehrer leider oft gar nicht dazu, Schülern etwas beizubringen", klagt der erfahrene Schulleiter.
Die Folgen seien dramatisch: "Wir können nur 20 von 50 Minuten tatsächlich unterrichten." Es gehe sehr viel Zeit für "bürokratische Dinge und Disziplinierungen der Schüler" drauf. Bis die Kinder einmal ruhig sind, dauere es oft sehr lange.
Personalmangel
- "Es fehlt an Unterstützungspersonal in allen Schulen. Aber es mangelt auch an Räumlichkeiten, denn die Klassen werden immer voller. Wir brauchen kleinere Gruppen. Außerdem gibt es viel zu wenige Schulpsychologen und Sozialarbeiter. Zu uns kommt der Schulpsychologe einmal im Monat, an anderen Bildungseinrichtungen ist er sogar nur auf Abruf."
„Es fehlen viele Schulpsychologen und Sozialarbeiter.“
Der Lehrermangel sei da, er dürfe nicht ignoriert werden. Mit Quereinsteigern könnten nur Löcher gestopft werden, aber das sei nicht die "optimale Lösung".
Deutschförderklassen
- "Zum Großteil wird Deutsch in unserer Schule gesprochen."
- "Es gibt eigene Deutschförderklassen, aber zu wenige. Viele Kinder warten auf einen Platz. Auch hier brauchen wir mehr Personal und Ressourcen."
„Einige Kinder sind extrem respektlos. Sie beschimpfen Lehrer, verweigern Anweisungen und nehmen das System Schule nicht ernst.“
Ressourcen
- "Es müssen außerdem mehr finanzielle Mittel in das Bildungssystem hineinfließen. Die Ausstattung der Gebäude ist oft schlecht. Die Schule muss mehr zu einem ansprechenden Lebens- und Lernraum gestaltet werden." An manchen Standorten gebe es Klos, die 30 Jahre alt sind.
Kein Respekt vor Lehrern und Schule
- "Einige Kinder sind extrem respektlos. Sie beschimpfen Lehrer, verweigern Anweisungen und nehmen das System Schule nicht ernst."
- "Alles wird in die Schule hineingetragen, Schüler kommen mit vielen privaten Problemen zu uns."
- "10 Prozent der Schüler sind auffällig, diese brauchen 90 Prozent Aufmerksamkeit."
Augenfällig seien negatives soziales Verhalten einiger Schüler und eine niedrige Leistungsbereitschaft. Seit Ende der Corona-Pandemie habe sich die Lage verschlechtert.
„10 Prozent machen den Schulbetrieb schwierig.“
Grundsätzlich liege es auch an der Gesellschaft, die sich in einem "ganz schnellen Wandel" befinde: "Die Schule wird nicht mehr als wichtig gesehen", zeigt sich der Mann leicht verzweifelt.
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Ein anonymer Schuldirektor berichtet von den Herausforderungen an seiner Mittelschule im Großraum Linz, darunter steigende Kriminalität, mangelnde Deutschkenntnisse und Mobbing
- Er klagt darüber, dass Lehrer oft nur 20 von 50 Minuten tatsächlich unterrichten können, da viel Zeit für bürokratische Angelegenheiten und die Disziplinierung der Schüler draufgeht
- Die jüngsten Zahlen des Innenministeriums zeigen einen Anstieg der Delikte an Schulen in fast allen Bundesländern, wie beispielsweise in Oberösterreich, wo die Zahl der Gewalttaten von 497 auf 875 angestiegen ist
- ÖVP und FPÖ kritisieren die zunehmende Gewalt an Schulen, während 70 % der Pflichtschüler im Alltag kein Deutsch sprechen