Neues Buch gibt Hoffnung
Klimawandel - alles halb so schlimm?
Klimakrise, Kriege, Kalifate – wir leben in schlimmen Zeiten. Oder doch nicht? Dies behauptet Wissenschaftlerin Hannah Ritchie in ihrem neuen Buch.
"Die Welt steht nimmer lang", so könnte man die aktuelle Stimmung in Österreich und im Rest der Weltgemeinschaft zusammenfassen. Mit dieser notorischen Schwarzmalerei räumt die schottische Datenwissenschaftlerin Hannah Ritchie in ihrem neuen Buch "Hoffnung für Verzweifelte: Wie wir als erste Generation die Erde zu einem besseren Ort machen" (Piper, 22 Euro) auf.
Menschheit habe große Schritte nach vorne gemacht
In den vergangenen Jahren sei die Menschheit einen großen Schritt vorangekommen, meint Ritchie in dem Buch. Die Luft sei heute sauberer als früher, Armut, Entwaldung und Baby-Sterblichkeit sinken. Benzin-Autos und hoffentlich auch Kohle sind bald Geschichte. Wie kommt Ritchie auf so eine optimistische Sicht in der angespannten Weltlage?
Vergangenheit war schlimmer als die Gegenwart
"Wir sind uns einfach nicht bewusst, wie schlimm die Vergangenheit war", sagt die Wissenschaftlerin und Autorin. Demnach hatte man früher mit anderen Problemen zu kämpfen: "Die Menschen sind sich nicht darüber bewusst, dass die Hälfte aller Kinder starben, Krankheiten weit verbreitet waren, die meisten Menschen in Armut lebten und der Großteil der Welt hungerte."
Kritik und Lösungsvorschläge
In ihrem Buch, das im Original "Not the End of the World" heißt, lässt sie nun Fakten sprechen. Sie kritisiert, was auf der Welt alles in die falsche Richtung läuft – und bietet Lösungsansätze. Es bringe nichts, den Klimawandel zu leugnen und herunterzuspielen. Man müsse sich aber auf die richtigen Lösungen konzentrieren.
„Wir sind uns nicht bewusst, wie schlimm die Vergangenheit war“
In reichen Ländern liege der Fokus oft auf Maßnahmen mit geringen Auswirkungen, wie Recycling oder das Ausschalten von Haushalts- und TV-Geräten im Standby-Modus. Trotzdem würden weiterhin Autos gefahren, Flüge gebucht, Fleisch gegessen. Und gemessen an dem, was in Asien an Plastik ins Meer gelange, seien die Recycling-Maßnahmen bei uns ein Tropfen auf den heißen Stein, so Ritchie.
Gegen weltweiten Palmöl-Boykott
Ritchies datenbasierte Schlussfolgerungen stehen im Widerspruch zur herkömmlichen Meinung, wie unser Planet gerettet werden kann. So sieht sie beispielsweise ein Verbot von Palmöl sehr kritisch.
Es handele sich bei der Ölpalmen-Frucht um "eine wahnsinnig produktive Pflanze" in tropischen Wäldern, die weit mehr Öl pro Hektar Land produziere als Alternativen wie Soja und Kokos. "Wenn wir Palmöl boykottieren, bräuchten wir viel mehr Ackerland."
"Zombie-Statistiken" verbreiten Unwahrheiten
Ritchie kritisiert auch sogenannte "Zombie-Statistiken". Dabei gehe es um gefälschte Fakten oder Zahlen, die immer wieder herausgekramt werden. Ein Beispiel: Behauptungen, dass Böden nach 60 Ernten erschöpft wären, seien "immer wieder wiederholt worden, obwohl es an verlässlichen Quellen fehle", sagte sie.
Energiebranche hui, Nahrungsmittelindustrie pfui
Die Energiebranche, die für mehr als drei Viertel der gesamten Treibhausgas-Emissionen verantwortlich ist, befinde sich im Umbruch, so Ritchie. Elektroautos, Solarenergie und Wärmepumpen verzeichnen Absatzrekorde. Aber das Nahrungsmittel-System, das etwa ein Viertel ausmacht, sei weit davon entfernt, eine eigene Revolution auszulösen.
Das, was wir essen, wie es angebaut und transportiert wird, hat einen großen Einfluss auf die Erwärmung des Planeten. In Ritchies Buch dreht sich daher vieles um Lebensmittel. Sie ist sich sicher, dass Ernährung etwas sehr Persönliches und deshalb schwieriger zu ändern sei.