"Wenn moralisches Unrecht besteht, ist ziviler Ungehorsam das Mittel. Die Geschichte zeigt, dass echte Veränderungen oft durch entschlossenen Protest erreicht wurden", so die Klimaschutzgruppe zwei Wochen vor der Selbstauflösung zu "Heute". Doch warum wurde – unter den vielen Protestmöglichkeiten – ausgerechnet aufs Ankleben gesetzt?
"Auch wir würden lieber andere Mittel (als das Ankleben, Anm.) nutzen, jedoch sind alle konventionellen Wege erschöpft. Demonstrationen, Petitionen und Volksbegehren haben nicht ausgereicht, um die Regierung zu bewegen. Daher müssen wir protestieren – und zwar dort, wo wir nicht ignoriert werden können", hieß es.
„Wir sind verzweifelte Bürger, die sich eine Zukunft wünschen“Anna"Letzte Generation"
Es sei "unerlässlich, die Menschen aus ihrem Alltag zu reißen" und auf die drohende Katastrophe hinzuweisen. "Wir sind verzweifelte Bürger, die sich eine Zukunft wünschen", so das Resümee der Umweltgruppe.
Es ginge auch nicht primär ums Ankleben. "Wir verfolgen keine versteckte Agenda; unser Ziel ist es, zu überleben. Unsere einzige Forderung ist, dass die Regierung ihrer Verantwortung gerecht wird und handelt. Als ersten Schritt fordern wir Klimaschutz in der Verfassung."
Wenige Tage später war die "Letzte Generation" in Österreich Geschichte.
Das Kleben ist spektakulärer als klassische Formen des politischen Aktivismus wie Unterschriftensammeln, so Kommunikationsexperte Jörg Matthes von der Uni Wien im "Heute"-Talk. "Wichtig ist den Klimaklebern, dass Bilder erzeugt werden, die sich durch die Massenmedien maximal verbreiten."
Zudem wollten die Aktivisten "durch das Kleben ihre Entschlossenheit zum Ausdruck bringen und den Alltag der Bürger maximal stören." Wenn man als Maßstab Aufmerksamkeit nehme, dann "ging diese Rechnung auf: Die Botschaften erhalten eine weite Verbreitung und die Bilder wirken spektakulär und ikonisch."
Nimmt man aber Unterstützung für das eigene Anliegen als Maßstab, so geht der Schuss nach hinten los. Die Menschen ändern nicht ihr Konsumverhalten, nur weil sich andere auf die Straße kleben", so Matthes.
Auf die Frage, ob die Gruppe auf falsche Mittel der Kommunikation gesetzt habe, sagte PR-Experte Harald Betke zum ORF. "Die Mittel der Kommunikation haben in der Aufmerksamkeit gut funktioniert." Bei wenig Mitteleinsatz habe man ein großes Medieninteresse erreicht.
Problematisch sei gewesen, dass die "Letzte Generation" in der Öffentlichkeit oft als "Klimakleber" wahrgenommen wurde. "Obwohl der Begriff 'Letzte Generation' viel schärfer, viel besser, viel genauer die Anliegen an sich transportiert. Also hier war, glaube ich, auch ein Fehler, sich zu stark auf das 'Klimakleben' zu fixieren."
Die medial über weite Strecken negative Berichterstattung über die "Letzte Generation" habe dem Thema aber nicht geschadet, sagte Betke. Schließlich würden sich einer Umfrage des Umweltministeriums zufolge über 60 Prozent der Befragten Sorgen um das Klima machen.
Die Art und Weise der Protestaktionen sorgte in der Bevölkerung teils für Unverständnis. In Zukunft müssten sich Aktivisten "konkrete Beispiele ansehen, wo wirklich Klimasünden begangen werden" und genau dort ihre Aktionen setzen – wie früher Greenpeace beim Walfang.
Wichtig sei dabei, diese Umweltaktionen "mit Informationen zu verknüpfen", so der "Tipp" von Betke für künftige Proteste.