Umgestaltung startet
Klimafitness statt historische Optik am Michaelerplatz
Seit 2018 ist die Neugestaltung des Platzes im Gespräch. Für die Pläne gab es Gegenwind. Nun geht es los: mehr Bäume, weniger historische Patina.
Eine Rüttelpiste war die Straße entlang des Michaelerplatzes bisher. Touristen lieben das historische Flair. Und die Wiener selbst sind gespalten. Darum gab es seit 2018 eine jahrelange Debatte um die Neuplanung. Nach der langen Auseinandersetzung mit den Plänen steht der Strategiewechsel bei der Gestaltung des Platzes seit Sommer 2023 fest. Planungsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) und Bezirkschef Markus Figl (ÖVP) präsentierten vor Ort die Pläne zur Umgestaltung. Mehr lesen zum langen Weg vom historisch anmutenden zum klimafitten Michaelerplatz kannst du hier:
Seit Juni des Vorjahres sind die Pläne fix. Und nun werden sie auch umgesetzt. Im Zuge der Neugestaltung wird auch der Fahrbahnabschnitt zwischen dem Kohlmarkt und dem Ausgrabungsgraben am Michaelerplatz neu definiert als Fußgängerzone. Der Platz selbst soll zur Begegnungszone werden. Bahn frei also für einen zeitgemäßen Regenwasserablauf und das Flanieren über neuen Natur – statt ruckeligem Pflasterstein. Es wird mit 8,5 Millionen Euro an Kosten für die Umgestaltung gerechnet. Davon fließen 800.000 Euro von privaten Unterstützern zu. Im November diesen Jahres soll alles fertig sein.
Fiaker sollen in Nebengasse verschwinden
Die Fahrfläche in der Begegnungszone wird als Einbahn von der Herrengasse bis zur Reitschulgasse geführt. Ausgenommen von der Einbahnregelung sind Radfahrer und Taxis. Der Platz wird Begegnungszone – darum sind hier nur noch vier wartende Fiakerkutschen erlaubt – alle übrigen sollen fortan in der nahegelegenen Schauflergasse auf Kundschaft warten. Die Ausgrabungen aus der Zeit des römischen Militärlagers werden weiterhin sichtbar bleiben. Auch die Freihaltung der zentralen Blickachse auf das Michaelertor war eine klare Vorgabe. Ebenso steht das 1992 errichtete und von Bollern eingefasste, kreisförmige Zentrum des Platzes als bedeutendes Werk des österreichischen Architekten Hans Hollein unter Denkmalschutz. Darauf musste bei der Platzgestaltung Rücksicht genommen werden.
"Städtebauliches Unbehagen" bei Wiener Kunsthistoriker
Von Looshaus über Michaelerkirche bis Hofburg: Der Michaelerplatz ist berühmt für seine Architektur. Zugleich bedeuten die Klimamaßnahmen für die Optik des Platzes eine starke Veränderung. Der Michaelertrakt geht auf Joseph Emanuel Fischer von Erlach zurück, der den Entwurf entwickelt hat. Übrigens zeigt das Wien Museum aktuell eine Schau über von Erlach. Neben den Bäumen sollen Beete, Sitzgelegenheiten, fünf Trinkbrunnen und Wasserfontänen für Klimafittness und Abkühlung im Sommer sorgen.
Nicht ganz so gut findet die Umgestaltung des Michaelerplatzes der Wiener Kunsthistoriker Richard Bösel. Gegenüber dem "Standard" sagte er nach der finalen Entscheidung: "Am falschen Ort erzeugt "klimafittes Wohlgefühl" städtebauliches Unbehagen. Und das ist noch gelinde ausgedrückt: Man könnte geradeso von einem pseudoökologischen Gewaltakt gegen die Urbanität einer Metropole sprechen." Bösel ist unter anderem Kunsthistoriker, langjähriger Leiter der Architektursammlung der Albertina und Direktor des Österreichischen Historischen Instituts in Rom. "Der Michaelerplatz wollte nie ein Ort zum Verweilen sein und wird sich auch heute nicht besonders gut dazu eignen", so sein Fazit.