Wien
Klimaaktivisten "laden" Stadtchef wegen Stadtstraße vor
Umweltschützer werfen Stadtchef Ludwig vor, entgegen dessen Ankündigung das Gespräch zu verweigern. Nun laden sie den Stadtchef erneut ein.
Der Streit um die Stadtstraße in der Donaustadt geht in die nächste Runde. Seit bald zwei Monaten halten Umweltaktivisten die Baustellen der umstrittenen Verbindungsstraße besetzt. Sie hoffen so den Bau der rund drei Kilometer lange Strecken, die die Südosttangente (A23, Anschlussstelle Hirschstetten) mit der S1-Spange Seestadt Aspern bei der Anschlussstelle Seestadt West verbinden soll, doch noch zu verhindern.
Die Stadtregierung unter Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) konnte sie damit bisher aber genauso wenig von dem Plan abbringen wie die Umweltschutzorganisation Greenpeace, die Ende September sogar das Rathaus und den Gang vor Ludwigs Büro besetzte, wir haben berichtet.
Aktivisten laden Bürgermeister zur öffentlichen Podiumsdiskussion
Bei den Klimaaktivisten sorgt nicht nur für Ärger, dass Wien weiter an der Stadtstraße und dem Lobautunnel festhält, sondern auch dass Ludwig seiner Ankündigung mit den Umweltschützern das Gespräch suchen zu wollen bisher keine Taten folgen ließ. "Bürgermeister Ludwig hat angekündigt, die Besetzerinnen und Besetzer von der Sinnhaftigkeit des Bauvorhabens 'mit Argumenten zu überzeugen'. Ein direkter Austausch kam bisher jedoch noch nicht zustande", kritisieren die Aktivisten.
Nun startet der Wiener Kulturverein "Argument Utopie" einen neuen Versuch: Er lädt Ludwig zu einer Diskussionsveranstaltung mit Klimaaktivisten ein. Unter dem Titel "Wie mit dem Tunnel tun?" soll öffentlich über Stadtstraße, Lobautunnel und die Auswirkungen auf die Umwelt und das Klima diskutiert werden. Die Einladung sei bereits vergangene Woche an das Büro des Bürgermeisters ergangen, eine Rückmeldung darauf sei trotz des angekündigten Diskussionswillens bislang aber noch nicht erfolgt.
Fridays for future: "Bisher kein einziges Gespräch"
Mirjam Hohl von "Fridays for Future Wien" fordert Ludwig auf, der Einladung nachzukommen: "Im Falter-Interview Anfang des Monats behauptete Bürgermeister Ludwig, 'regelmäßig' mit uns in Kontakt zu sein. Das ist nicht korrekt. Bislang hat kein einziges Gespräch mit dem Bürgermeister bezüglich der Stadtautobahn stattgefunden. Wenn Michael Ludwig die Interessen und Ängste der Jugend, so wie er behauptet, ernst nimmt, sollte er das Gesprächsangebot annehmen".
Auch die Sprecherin des Wiener Jugendrats, Lena Schilling, würde eine Teilnahme Ludwigs begrüßen: "Schon mehrmals haben wir Bürgermeister Ludwig in das angemeldete Protestcamp in Hirschstetten für Gespräche eingeladen. Diese hat er bisher immer ausgeschlagen. Wenn ihm die Anliegen von tausenden Wiener Jugendlichen nicht völlig egal sind, darf er sie nicht länger ignorieren".
"Klimagerechte Gesellschaft braucht neue politische Kultur"
Die Klimaaktionsgruppe "System Change, not Climate Change" fordert eine neue politische Kultur, diese sei eine Voraussetzung auf dem Weg in eine klimagerechte Gesellschaft. "Eine gerechtigkeitsorientierte Politik kann nicht in Top-Down-Manier von oben durchgedrückt werden, sondern setzt eine Demokratisierung aller Politikbereiche voraus. Auch Mobilität in Wien kann nur klimagerecht sein, wenn sie sich an den Bedürfnissen der Menschen, anstatt an den Profitinteresssen von Auto- und Baukonzernen sowie Lobbyisten orientiert", erklärt die Sprecherin der Gruppe Lucia Steinwender.
Die Diskussionsveranstaltung des Vereins "Argument Utopie" ist – soweit von Stadtchef Ludwig keine Terminänderungswünsche geäußert werden – für Donnerstag den 18. November um 19 Uhr angesetzt. Updates und auch der Veranstaltungsort gibt es hier.