Sogar Schadenersatz

Klima-Knaller – jetzt kommt Klage-Flut in Österreich

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat den Weg für Klima-Klagen geebnet. Und die wird es in Österreich massenhaft geben, sagt ein Experte.

Newsdesk Heute
Klima-Knaller – jetzt kommt Klage-Flut in Österreich
Ein neues Urteil macht den Weg frei für Klima-Massenklagen, etwa durch die "Letzte Generation".
Denise Auer

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat dem Verein Klimaseniorinnen in ihrer Klage gegen die Schweiz recht gegeben. Der Gerichtshof entschied über insgesamt drei Klimaklagen. In allen ging es um die Verantwortung von Staaten angesichts der globalen Erwärmung. In seinem Urteil hat der Gerichtshof eine Verletzung von Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) festgestellt. Damit hat die Schweiz das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verletzt. Ein Urteil mit weitreichenden Folgen für die EU!

"Bahnbrechend" sei das Urteil in zwei Punkten, sagt der Rechtswissenschaftler Walter Obwexer am Mittwoch im Ö1-"Morgenjournal". Erstens erwachse aus dem Urteil ein Recht des Einzelnen auf Schutz vor negativen "Auswirkungen des Klimawandels, auf Gesundheit, Leben, Lebenswandel", so der Experte. Das war zu erwarten, ist aber durchaus neu und bahnbrechend. Zweitens, und das sei so nicht zu erwarten gewesen, habe der "Gerichtshof den Klimaschutzorganisationen ein Beschwerderecht eingeräumt".

Das hat zur Konsequenz, dass dieses Recht auf Klimaschutz nun auch in Österreich gilt
Rechtswissenschaftler Walter Obwexer

Der zweite Punkt reiche aber weiter, denn Klimaschutzorganisationen könnten nicht nur leichter und direkt Beschwerde bei Gericht einlegen, sondern die EMRK-Vertragsstaaten (Europäische Menschenrechtskonvention) müssten auch ihrerseits auf nationaler Ebene den Klimaschützern Zugang zu Gericht gewähren. In Österreich wurde die EMRK in den Verfassungsrang erhoben – was bedeute das Urteil nun für uns? Der heimische Verfassungsgerichtshof orientiere sich in seiner Judikatur am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, so Obwexer.

"Das hat zur Konsequenz, dass dieses Recht auf Klimaschutz nun auch in Österreich gilt", und die Gerichte in Österreich müssten ihre strengen Klagevoraussetzungen lockern und Klimaaktivisten leichter Zugang zu den Gerichten geben, auch wenn Österreich kein gültiges Klimagesetz habe. In der EU gelte ein Klimaschutzgesetz, an das seien alle EU-Staaten gebunden, dazu müsse es national einen Klimaplan geben, der in regelmäßigen Abständen von der EU geprüft werde, so Obwexer. Wenn die Staaten das nicht tun, könne man gerichtlich dagegen vorgehen.

In Zukunft können Einzelne, die nachweisen können, dass sie einen Schaden erleiden, weil Klimaschutzmaßnahmen nicht getroffen wurden, Schadenersatz beantragen beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
Rechtswissenschaftler Walter Obwexer

Die Staaten würden dann verurteilt und müssten dem Urteil des Gerichtshofs für Menschenrechte nachkommen, so Obwexer. Und: "Zum anderen können in Zukunft Einzelne, die nachweisen können, dass sie einen Schaden erleiden, weil Klimaschutzmaßnahmen nicht getroffen wurden, Schadenersatz beantragen beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte." Werden nun viele Klimaschutzorganisationen Beschwerde vor Gericht führen nach diesem Urteil? Die kurze Antwort des Experten: "Ja", und "die haben größere Chancen, Recht zu bekommen."

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    Schulterschluss zwischen Politik und Kultur mit drei Mitgliedern der Wiener Stadtregierung: Peter Hanke (Stadtrat für Wirtschaft und Finanzen), Jürgen Czernohorszky (Stadtrat für Klima und Umwelt) und Veronica Kaup-Hasler (Stadträtin für Kultur und Wissenschaft).
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