Wetter
Klima-Expertin schockt im TV: "Tornado in Wien möglich"
Unmittelbar hinter der tschechischen Grenze zog am Donnerstag ein Tornado eine Spur der Verwüstung durch mehrere Orte. So entstehen die Wirbelstürme.
Schwere Gewittern mit großem Hagel, Starkregen und Sturmböen im Nordosten Österreichs gipfelten in einem tödlichen Tornado. Dieser hat rund um die südmährischen Gemeinde Hodonin für schwerste Schäden gesorgt, mindestens fünf Menschen kamen ums Leben, es gab hunderte Verletzte. "Heute" war für einen Lokalaugenschein im Zentrum der Tornado-"Apokalypse" – mehr dazu hier >
Damit Tornados entstehen können, müssen ganz gewissen Faktoren an einem Punkt zusammentreffen. Das geschieht nicht oft vor – in Österreich bis zu 10 Mal im Jahr – aber dann können sich immense Windgeschwindigkeiten entwickeln. Der Tschechien-Tornado mit geschätzter Windgeschwindigkeit von 300 km/h war aber in seiner Zerstörungskraft selbst ein sehr sehr seltenes Ereignis.
„Tornado in Wien“
Das Beunruhigende: dieser Mix aus Tornado-Ingredienzen kann theoretisch überall entstehen – selbst in Wien.
"Es ist möglich, dass auch bei uns Tornados in Wien auftreten", betonte Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb ORF im "Wien heute"-Interview.
Gleichzeitig gibt sie aber auch Grund aufzuatmen: "Die Wahrscheinlichkeit ist eher gering".
Wolle man solche Unwetter oder auch Tornados wie in den letzten Tagen in Zukunft verhindern, "dann müssen wir schauen, dass wir die Emissionen dramatisch reduzieren. Und das betrifft in allererster Linie den Verkehr", so die Expertin weiter.
Gerade in Wien, wo zu Fuß, mit dem Rad oder den Öffis vieles erreichbar sei, müsste die Zahl der Autos "dramatisch reduziert" werden. Es gelte jetzt, die in die Jahre gekommen Verkehrskonzepte unter dem Aspekt des Klimawandels zu überdenken.
„Hunderte Tornados jedes Jahr in Europa“
In Europa kommt es durchschnittlich zu 300 bis 500 Tornados pro Jahr. Die meisten davon sind nur schwach ausgeprägt und kurzlebig, zudem handelt es sich teilweise auch um Tornados über Wasser (Wasserhosen). Im Zeitraum von 2010 bis 2020 wurden vom ESSL 2 sehr starke Tornados der Stärke F4 oder F5 registriert bzw. 26 starke Tornados der Stärke F3.
Der jüngste Tschechien-Tornado wird als F3 oder F4 klassifiziert, allerdings sind noch Analysen der Schäden vor Ort notwendig, um die Windstärke genauer abschätzen zu können.
Tornados dieser Stärke kommen in Europa also 2 bis 3 mal jährlich in Europa vor, allerdings kommt es nicht immer zu solch schweren Schäden, da die Tornados ja nicht immer auf Ortschaften treffen.
Typische Regionen für starke Tornados in Europa sind die flachen Regionen von Nordwestfrankreich über Benelux bis nach Norddeutschland sowie Nordostitalien, die Küsten Süditaliens oder auch Südostrumänien, also dort wo die Landschaft überwiegend flach ist.
„Superzellen“
Starke Tornados entstehen im Zusammenhang mit sogenannten Superzellengewittern. Es handelt sich dabei um meist langlebige, kräftige und alleinstehende Gewitter, welche einen beständigen rotierenden Aufwind aufweisen (Mesozyklone).
Superzellen entstehen bei ausgeprägter Windscherung: Bei einer starken vertikalen Windzunahme bilden sich nämlich quer zur Strömung horizontal liegende Luftwalzen.
Der Aufwind eines entstehenden Gewitters saugt diese Luftwalze ein und kippt ihre Achse in die Senkrechte, wobei sich der Drehimpuls nach und nach auf den gesamten Aufwindbereich überträgt.
Boten einer Kaltfront
Die Zufuhr feuchtwarmer Luft wird dabei durch den räumlich getrennten Abwindbereich, in dem der Niederschlag ausfällt, nicht gestört.
Starke Tornados treten also meist unmittelbar im Vorfeld von Kaltfronten auf, wenn der Höhenwind bereits stark zugenommen hat und noch ausreichend energiereiche Luft vorhanden ist.
Tornados können aber auch im Winter an Kaltfronten von Sturmtiefs auftreten, wenn wenig Energie, aber extrem starke Windscherung vorhanden ist.
„Mehr Wirbelstürme durch Klimawandel?“
Ob die Häufigkeit von Tornados vom Klimawandel betroffen ist, kann man derzeit noch nicht abschätzen. Mittlerweile weiß man zwar, das Extremniederschlagsereignisse häufiger werden, allerdings ist für Tornados neben der schwülen, energiereichen Luft auch eine starke Windscherung notwendig.
Während ersteres im Zuge des Klimawandels tendenziell zunimmt, lässt zweiteres hierzulande etwas nach. Daher gehen die Experten der Österreichischen Unwetterzentrale derzeit davon aus, dass die Häufigkeit im Mittel gleich bleibt, es aber – je nach vorherrschender Großwetterlage im Sommer – eine höhere Variabilität von Jahr zu Jahr geben wird.
„Tornados in Österreich“
In Österreich treten durchschnittlich etwa 2 bis 5 Tornados pro Jahr auf, allerdings sind die meisten davon nur schwach und kurzlebig, zudem werden selten Ortschaften direkt getroffen.
Starke Tornados sind selten, wobei das bislang bekannteste Ereignis hierzulande der Tornado von Wiener Neustadt am 10. Juli 1916 war. Die Einschätzung der Stärke dieses Tornados liegt bei F4/T8, was Windgeschwindigkeiten um 350 km/h bedeutet.
Der gestrige Tornado in Tschechien war ähnlich stark oder nur geringfügig schwächer (F3/T7), also mit Windgeschwindigkeiten um 300 km/h.