Es drohen härteste Eis-Winter
Klima-Experte macht jetzt Hammer-Prognose für Wien
Eine neueste Klimastudie birgt reichlich Zündstoff. Trotz Erderwärmung drohen in Österreich in Zukunft eisige Winter. Was es damit auf sich hat.
Seit Tagen sorgt eine Studie der Universität Utrecht in den Niederlanden für Aufsehen. Diese besagt nämlich, dass die weltweite Erderwärmung zu einer drastischen Abkühlung in Europa führen könnte. Denn die Umwälzbewegung im Atlantik könnte zusammenbrechen und damit auch der für das milde Klima in Europa verantwortliche Golfstrom.
Wie das Herz Blut durch den menschlichen Körper pumpt die Atlantische Meridionale Umwälzbewegung (AMOC) gigantischen Wassermengen in einem Kreislauf durch den Atlantik. Warmes Wasser aus Süden wird in den Norden geschaufelt wo es seine Wärme abgibt, absinkt und kalt wieder zurückfließt. Dieses System an Meeresströmungen ist der Grund, weshalb ein großer Teil Nordamerikas und Europas das aktuell vorherrschende gemäßigte Klima genießen kann.
AMOC bestimmt unser Klima
Die Atlantische Meridionale Umwälzbewegung (AMOC) funktioniert wie eine Art riesiges globales Förderband: Sie transportiert warmes, sehr salziges Wasser aus den Tropen Richtung Polarkreis, wo das Wasser abkühlt und wegen seiner größeren Dichte absinkt. In der Tiefe strömt es dann deutlich abgekühlt in südlicher Richtung ab.
Die Meeresströmungen transportieren so Wärme und Nährstoffe in verschiedene Gebiete der Erde und tragen entscheidend dazu bei, dass das Klima in großen Teilen der nördlichen Hemisphäre relativ mild bleibt.
Ziemlich sicher: Kipppunkt noch in diesem Jahrhundert
Doch wie die Studie nun herausgefunden haben will, könnte der Zusammenbruch der AMOC früher – die Forscher glauben mit 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit, dass es noch in diesem Jahrhundert so weit sein könnte – und heftiger ausfallen als bisher angenommen. Jetzt steuert dieser maritime Lebenskreislauf laut neuesten Erkenntnissen niederländischer Forscher allerdings auf einen "verheerenden Kipppunkt" zu. Und – auch das zeigen die Modellrechnungen – der Kollaps wird rasend schnell ablaufen. Die Folgen würden Europa für immer verändern.
Dürren und Überschwemmungen in Europa
Die folgen wären drastisch. Nicht nur, dass Europa eine massive Abkühlung mit viel größeren Temperaturunterschieden zwischen Winter und Sommer bevorstünde, sondern auch weil sich dadurch die tropischen Niederschläge verschieben würden. In einigen Regionen des Kontinents käme es dann wohl zu Dürren, in anderen zu Überschwemmungen. Laut einem OECD-Bericht wäre dann die weltweit mögliche Anbaufläche für Weizen und Mais nur noch halb so groß wie jetzt – die Ernährungssicherheit der Menschheit wäre also massiv gefährdet.
Am Mittwoch war Marc Olefs, Leiter der Abteilung Klimaforschung bei der GeoSphere Austria (vormals ZAMG) zu Gast im Ö1-Morgenjournal. Der Wissenschaftler ordnet im ORF-Radio ein. Die Untersuchung beruhe auf einer sehr aufwendigen Methodik – allein die Berechnungen, die mit dem stärksten Super-Computer der Niederlande vorgenommen wurden, hätten sechs Monate gedauert. Die Studie bestätige, dass die AMOC einen Kipppunkt hat, ab dem sie versiegt. Das geschehe dann, wenn der Atlantik mit Süßwasser verdünnt werde. Zudem gebe es auch erstmalig Beobachtungsdaten, dass sich der Atlantik auf diesen Kipppunkt zu bewegt. Olefs spricht sogar davon, dass der Weltklimarat dieses Phänomen tatsächlich noch unterschätzt.
Das droht nun konkret
Nordeuropa/ Skandinavien
In Nordeuropa würden sich die Jahresmitteltemperaturen tatsächlich drastisch um 15 Grad abkühlen. Damit droht vor allen den Skandinaviern eine Kälte, wie man sie heutzutage nur Sibirien zuschreiben würde.
Österreich
In unseren Breiten, etwa in Wien, dürfte dieser Wert bei ungefähr vier Grad im Jahresdurchschnitt betragen. Dazu würde es etwas trockener werden. Und diese Abkühlung wäre im Winter mit fünf bis acht Grad deutlich stärker als im Sommer, wo die Abkühlung durchschnittlich nur einen Grad betragen würde. Damit wäre das Klima deutlich kontinentaler. Heißt: Der Winter in Wien würde dem aktuellen Temperaturklima jenem an der Wetterstation Galzig am Arlberg auf 2.100 Metern Seehöhe entsprechen.
Laut Studie würde das Ganze in nur einem Zeitraum von 75 Jahren passieren. Das entspräche in etwa der aktuellen Erwärmungsgeschwindigkeit in Europa seit dem Jahr 1980 – nur eben mit umgekehrten Vorzeichen.
Der Experte spricht Klartext: Mit nur einer durchschnittlichen Abkühlung von einem Grad wäre die Hitzebelastung im Sommer hierzulande genauso hoch wie sie es schon jetzt ist, gleichzeitig würden die Heizkosten im Winter explodieren. Das könne bei der "fossilen Abhängigkeit" anderer Länder weitere Probleme mit sich bringen.
Möglichkeit des Kippunktes bislang "an Rand gedrängt"
Die Möglichkeit solcher Kipppunkte als Folge des menschengemachten Klimawandels sei in der Forschung schon immer eingeräumt worden. Als "massives Ereignis" sei sie aber stets an den Rand gedrängt worden. Die aktuelle Studie liefere nun erste Beobachtungen, dass das tatsächlich passiert und man auch diese Folge des menschengemachten Klimawandels beachten müsse.
Was die Studie mit großer Sicherheit sage, ist, dass sich der Atlantik auf diesen Kipppunkt zubewegt und welche klimatische und sozio-ökonomische Folgen das für gewissen Regionen der Erde haben würde, so der Klimatologe. Die "Eine-Milliarde-Dollar-Frage" sei natürlich, wann genau das passieren wird. Denn eine konkrete Zeitspanne für das Ereignis gibt die neue Studie nicht an, bestätigt aber die Tatsachen einer Studie aus dem vergangenen Jahr, dass das noch im laufenden Jahrhundert passieren kann, womöglich sogar in den nächsten Jahrzehnten. Durch genauere Beobachtung, speziell im Südatlantik, lasse sich der Zeitpunkt in den kommenden Jahren aber wohl genauer eingrenzen, zeigt sich Olefs überzeugt.
Wie kann man dem entgegenwirken? Letztlich gehe es darum, das Problem endlich ernst zu nehmen. Es brauche sozialverträgliche Klima-Abgaben und an der Reduktion der Emissionen führe letztlich kein Weg vorbei. "Klimaschutz ist tatsächlich Menschenschutz", so das Schlusswort des Forschers.