"Heute"-Klimatalk

Kann mediale Hetze die Klima-Aktivisten radikalisieren?

Klimaschützer könnten durch eine Kriminalisierung seitens Massenmedien und Politiker in den Extremismus getrieben werden. Wie groß ist die Gefahr?

Bernd Watzka
Kann mediale Hetze die Klima-Aktivisten radikalisieren?
Sind das alles Kriminelle? Klima-Aktivisten am Praterstern
Heute

"Es ist höchst an der Zeit, mit voller Härte gegen diese Klima-Spinner vorzugehen", forderte kürzlich der freiheitliche Europa-Parlamentarier Roman Haider, der die Klimagruppe "Letzte Generation" als "extremistische Organisation" bezeichnete – und deren Mitglieder als "Klimaterroristen".

"Klima-Terroristen" und "1968er-Erben"

Von "Klima-Terroristen" spricht auch regelmäßig die deutsche "Bild"-Zeitung, Terrorismus-Expertin Bettina Röhl sieht in der schwedischen Aktivistin Greta Thunberg gar eine "Erbin der 68er-Bewegung". Was macht diese Kriminalisierung in den Köpfen junger Umweltschützer?

Riss in der Klimaschutzbewegung

Terror-Experte Peter Neumann sah kürzlich einen Riss innerhalb der Klimaschutzbewegung – "zwischen Unterstützern, die sich hauptsächlich für den Kampf gegen Klimawandel engagieren, und solchen, für die der Klimaschutz nur Teil einer linksextremen und antikapitalistischen Agenda ist", so Neumann.

Potenzial für Radikalisierung vorhanden

"Grundsätzlich besteht bei klima-aktivistischen Gruppierungen das Potenzial, dass sich Teile der Bewegung abspalten und sich radikalisieren", so der deutsche Extremismus-Kenner Felix Neumann im Gespräch mit "Heute".

Der Verfassungsschutz sehe diese Bedrohung beispielsweise bei der Gruppe "Ende Gelände", weswegen sie erst kürzlich als "linksextremistischer Verdachtsfall" eingestuft wurde – hier gebe es klare Anzeichen für eine Radikalisierung.

Die Bewegung "Ende Gelände", die seit 2015 Protestaktionen in deutschen Braunkohlerevieren organisiert, sei laut Verfassungsschutz von linksextremen Gruppierungen wie den "Interventionistischen Linken" instrumentalisiert worden.

Linksextremistische Kräfte nehmen Einfluss auf Klimagruppen
Felix Neumann
Konrad-Adenauer-Stiftung (Abteilung Internationale Politik und Sicherheit)

Extremisten wollen Klimagruppen unterwandern

Auch friedliche Klimagruppen könnten also von Radikalen aufgestachelt werden: Mit Blick auf die Gruppe "Letzte Generation" hätten sich die Sicherheitsbehörden geäußert und betont, dass sie "keine Tendenz zum Extremismus" sehen, so Neumann.

"Dieser Bewertung stimme ich zu, jedoch muss auch hier betont werden, dass linksextremistische Kräfte kontinuierlich Einfluss auf klima-aktivistische Gruppen nehmen und diese auch radikalisieren könnten", warnt Neumann.

Vom Polit-Aktivismus zum Extremismus: Terroristen der Roten Armee Fraktion (RAF).
Vom Polit-Aktivismus zum Extremismus: Terroristen der Roten Armee Fraktion (RAF).
BKA / dpa / picturedesk.com

Tadzio Müller, Mitbegründer von Ende Gelände, warnte bereits 2021 im Nachrichtenmagazin "Spiegel" vor einer Hinwendung zur Militanz, wenn die Klimaproteste ohne Wirkung blieben. Wer den Klimaschutz verhindere, schaffe "die grüne RAF", so Müller.

Vergleiche mit Terrorgruppe RAF

"Von einem Vergleich zur RAF würde ich abraten. Zum einen lässt sich keine so große Gewaltbereitschaft bei der klima-aktivistischen Szene erkennen, wie es bei der RAF der Fall war und zum anderen war die RAF für das gezielte Töten von Menschen bekannt – diesen Faktor haben wir bei der 'Letzten Generation' definitiv nicht", so Neumann.

Der österreichische Terror-Experte Nicolas Stockhammer ist bei dem Thema anderer Meinung – und sieht eine höhere Gewaltbereitschaft von Klima-Aktivisten: "Es könnte zu Sabotageakten und Gewalt gegen Menschen kommen", so Stockhammer in einem "Blick"-Interview.

"Es kann auch bei Klimaklebern zu einer Eskalation kommen, wenn zum Beispiel einer von ihnen verhaftet wird", so Stockhammer weiter. "Dann stehen wir in der Geschichte am Anfang der Roten Armee Fraktion, wo Leute freigepresst worden sind. Es ist alles denkbar.

Für das Jahr 2022 wurde der Begriff "Klimaterrorist" übrigens in Deutschland zum "Unwort des Jahres" gewählt. Der Ausdruck werde benutzt, um Aktivisten und deren Proteste für Klimaschutz zu diskreditieren, so die Jury. 

Mit dem Ausdruck würden Aktivisten mit Terroristen "gleichgesetzt und dadurch kriminalisiert und diffamiert". Gewaltlose Protestformen zivilen Ungehorsams würden so in den Kontext von Gewalt und Staatsfeindlichkeit gestellt, hieß es.

1/55
Gehe zur Galerie
    <strong>19.09.2024: "Er hatte sogar Cathy als Geschäftsführerin eingesetzt".</strong> Dass Richard Lugner Simone zur Geschäftsführerin machen wollte, sorgt für Wirbel. Dabei sei selbst Cathy als Geschäftsführerin eingesetzt gewesen. <a data-li-document-ref="120059721" href="https://www.heute.at/s/er-hatte-sogar-cathy-als-geschaeftsfuehrerin-eingesetzt-120059721">Weiterlesen &gt;&gt;&gt;</a><a data-li-document-ref="120059284" href="https://www.heute.at/s/firma-hat-3-mio-schulden-haut-alle-mitarbeiter-raus-120059284"></a>
    19.09.2024: "Er hatte sogar Cathy als Geschäftsführerin eingesetzt". Dass Richard Lugner Simone zur Geschäftsführerin machen wollte, sorgt für Wirbel. Dabei sei selbst Cathy als Geschäftsführerin eingesetzt gewesen. Weiterlesen >>>
    Starpix / picturedesk.com

    Auf den Punkt gebracht

    • Die Kriminalisierung von Klimaaktivisten durch Medien und Politiker könnte zu einer Radikalisierung führen
    • Es besteht das Potenzial, dass sich Teile der Bewegung radikalisieren, wie der Verfassungsschutz bei der Gruppe "Ende Gelände" beobachtet hat
    • Der Begriff "Klimaterrorist" wurde in Deutschland zum "Unwort des Jahres" gewählt, da er Aktivisten diskreditiert und gewaltlose Proteste kriminalisiert
    bw
    Akt.