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Kleinstwohnungen in Amerikas ältester Mall

Wohnen im Shoppingcenter – was sich für viele Frauen (und wohl auch einige Männer) wie ein Traum anhört, ist für Naz Karim Alltag.

Heute Redaktion
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Die Providence Arcade ist die älteste gedeckte Mall in Amerika. Sie wurde 1828 erbaut und ist damit schon fast zwei Jahrhunderte alt. Richtig in Schwung kam das Geschäft aber nie, darum hat ein Unternehmer jetzt Wohnungen in die Ladenlokale gepackt.

Wenig Platz, aber alles, was es zum Leben braucht

Die junge, angehende Ärztin Naz Karim ist eine der Bewohnerinnen der 48 winzigen Apartments im ersten und zweiten Stock des Shoppingcenters in Rhode Island. Sie bewohnt die kleinere Version: Ihr Apartment ist nur gerade 20,9 Quadratmeter gross – und kostet 550 Dollar, knapp halb so viel wie normale Wohnungen in der Umgebung.

Darin hat es laut Naz aber alles, was sie braucht: Es gibt eine Dusche, eine Toilette, ein Wohnbereich, mehrere Fenster mit Tageslicht, Stauraum für Nahrungsmittel und Kleidung und eine kleine Küche mit Kühlschrank – aber ohne Herd. Kein Problem für Naz: «Ich koche sowieso nicht. Ausserdem wohne ich in einer Mall, hier hat es auch Cafés und einen Laden, der Suppe und Sandwiches verkauft.»

Mikrowellen sind keine Kochgeräte

Der Unternehmer Evan Granoff wäre beinahe an Gesetzen über die Grösse eines Wohnraums gescheitert – 20 Quadratmeter sind nämlich zu klein, das darf man nicht als Wohnung vermieten. Seine Lösung? Ohne den Herd in der Küche sind die Apartments keine Wohnungen, sondern jeweils nur einzelne Zimmer im Mall-Haus.

Die Mikrowellen, die in jeder Küche installiert sind, zählen glücklicherweise nicht als Kochgeräte. Nur so war Granoff in der Lage, die winzigen Wohnungen an Leute zu vermieten, die häufig nicht ständig da sind. Naz Karim beispielsweise sagt, sie sei ja sowieso ständig bei der Arbeit und zum Schlafen sei das Zimmer definitiv gross genug.

"Wir kommen nicht wegen der Aussicht"

Sharon Kinnier, eine weitere Bewohnerin, schlägt in die gleiche Kerbe: «Ich lebe am Wochenende mit meinem Mann in Washington und komme sowieso nur zum Arbeiten her. Warum soll ich das doppelte an Miete für eine Wohnung zahlen, in der ich gar nie lange bin?» Die Frau mit dem Kurzhaarschnitt produziert in Rhode Island organische Seifen und Waschmittel.

Einzig die Fenster sind ein Kritikpunkt. Obwohl Granoff wert darauf legte, dass jedes einzelne Apartment zwei Fenster nach draussen und mindestens ein grosses in den lichtdurchfluteten Innenraum hat, sind die Lichtverhältnisse nicht optimal. «Es ist okay. Wir kommen ja auch nicht wegen der Aussicht», sagt Sharon und lacht.

Büro, Shop und Wohnort in einem

Amy Stetkiewicz ist eine weitere Bewohnerin. Bei ihr spielt sich das ganze Leben in der Mall ab: Sie wohnt hier und hat zusammen mit sechs anderen Jungdesignern einen Laden gemietet, in dem sie ihre selbst designten Kleidungsstücke verkauft. «Die Mall ist wie eine kleine Stadt. Ich liebe es», sagt Amy.

Auch die anderen Bewohner sind glücklich in ihren Mikro-Apartments. «Natürlich ist es klein und freitags ist es manchmal ein bisschen laut. Eben wie eine Stadt. Aber sind wir ehrlich: Solange wir in der heutigen Zeit einen Internetzugang haben, gehört uns die Welt», sagt Sharon lachend.

Warteliste voll

Wenn Sie jetzt auch gerne hier einziehen wollen, dann müssen Sie sich gedulden: Die Apartments sind alle vermietet und es gibt eine längere Warteliste. Evan Granoff freut das natürlich: «Nachdem es in den letzten zwei Jahrhunderten nur so mittelgut lief, kommt jetzt endlich Schwung in die Sache. Ich glaube, so viel Leben war in dieser Mall noch nie», sagt der Unternehmer gegenüber Medien.