Polit-Profi Hajek zur Wahl

Kickl-Sieg: "Wenn ÖVP Juniorpartner gibt, ist sie tot"

Welche Auswirkungen hat das Wahlergebnis auf die kommenden Wochen und Monate? Darüber hat "Heute" mit Meinungsforscher Peter Hajek gesprochen.

Robert Zwickelsdorfer
Kickl-Sieg: "Wenn ÖVP Juniorpartner gibt, ist sie tot"
ÖVP-Chef Karl Nehammer am Wahlsonntag vor seinen Fans vor der ÖVP-Zentrale
Sabine Hertel

Er hatte mit der letzten Umfrage für "Heute" vor der Wahl beinahe eine Punktlandung geliefert. Im "Heute"-Talk analysiert Meinungsforscher Peter Hajek die Folgen des blauen Triumphs. Der Polit-Experte über:

<em>"Heute"</em>-Meinungsforscher Peter Hajek analysiert die Folgen der Nationalratswahl vom Sonntag.
"Heute"-Meinungsforscher Peter Hajek analysiert die Folgen der Nationalratswahl vom Sonntag.
Helmut Graf

Den FPÖ-Erfolg
"Ausschlaggebend waren die sehr klaren Positionen." Die thematischen Treiber seien die "hochemotionalen" Bereiche Migration/Integration, Corona-Maßnahmen und der Wunsch nach einem Machtwechsel gewesen. "Die FPÖ hat diese Linie sehr stringent verfolgt." Zudem habe sich die FPÖ sehr bewusst von den anderen Parteien abgegrenzt und sei "immer bedacht gewesen auf eine ganz klare Unterscheidung zum Mitbewerb".

Das Wahlmotiv Herbert Kickl
"Er war natürlich nicht unwichtig als Mastermind. Bei den spontanen Wahlmotiven wurde er aber nicht unter die Top fünf gereiht. Andererseits ist er für ein Drittel seiner Wählerschaft das absolut ausschlaggebende Motiv."

Das ÖVP-Ergebnis
"Karl Nehammer hat die Partei tatsächlich bei 24 Prozent übernommen. Dann ist es auf 21 Prozent hinuntergegangen. Dafür konnte er aber nichts. Dann hat er die ÖVP stabilisiert, einen echten Turnaround geschafft und die Partei auf einen sehr, sehr gesicherten Platz zwei geführt." Das Problem sei aber die mangelnde Unterscheidbarkeit zur FPÖ gewesen. "Nur zu sagen, die Freiheitlichen und Kickl sind radikal, ist zu wenig." Zudem habe die Volkspartei den Nimbus einer Wirtschaftspartei verspielt.

Blau-Türkis
"Wenn die ÖVP den Juniorpartner unter Herbert Kickl gibt, ist sie tot – erledigt. Der Wählerschaft ist nämlich egal, ob Nehammer oder Christian Stocker oder wer auch immer Kickl ausgeschlossen hat. Das ist brandgefährlich."

Den SPÖ-Wahlkampf
"Andreas Babler hat nicht den Wahlkampf falsch geführt, sondern die Partei zu eng positioniert. Soziale Gerechtigkeitspartei ist okay. Aber damit schlägt man nicht die Brücke zu den sehr beweglichen Mitte-Rechts-Wählern. Und auf der linken Seite gibt es dieses Potenzial nicht. Das ist ein vollkommener Irrglaube." Dort, wo die SPÖ unter Babler derzeit sei, sei "nicht der Großteil der Wähler". Die SPÖ müsse wieder in Richtung "Volkspartei" gehen und breitere Wählerschichten ansprechen.

Andreas Babler
"Er funktioniert als Kandidat nicht. Andreas Babler hat einen Bürgermeister-Auftritt, aber keinen Kanzler-Auftritt." Und auch aus "inhaltlichen Gründen" werde eine Koalition Nehammer-Babler "ganz schwierig". "Wenn Babler und seine Mitstreiter auf den Positionen beharren, die sie vorher eingenommen haben, dann wird´s ganz schwer."

Andreas Babler funktioniert als Kandidat nicht.
Peter Hajek
Meinungsforscher und Politik-Experte

Die gläserne Decke für die NEOS bei 10  Prozent
"Die NEOS sind eine liberale Partei. Und liberale Parteien haben es immer schwer. Das gilt ganz besonders in einem Land, in dem die Politik selten unangenehme Wahrheiten ausrichtet und du aber als Partei in einem Wahlkampf hergehst und sagst: 'Wir müssen was machen.'"

Das grüne Debakel
"Die Grünen sind am Ende des Tages auch an den Ausläufern der Affäre Lena Schilling gescheitert." Nach der EU-Wahl seien noch einige Dinge über sie durchgesickert. Über den Sommer habe man dann beobachtet, dass die Partei abgebaut habe. "Da hilft ihnen auch kein Naturereignis, kein Hochwasser, kein langer trockener Sommer." Zudem sei der Klimawandel zwar ein wichtiges Thema, aber es gebe das eine oder andere, das wichtiger sei, zählt Hajek etwa Gesundheit und Pflege, Rechts verhindern, die Teuerung oder leistbares Wohnen auf. "Bei all diesen Themen konnten sie nicht reüssieren."

Die KPÖ
"Das Thema leistbares Wohnen, ein eloquenter Spitzenkandidat und Erfolge in Graz und Salzburg reichen offensichtlich doch nicht aus, um die Hürde vier Prozent zu überspringen." Aber man müsse dazusagen: "Aber im Vergleich zu früheren Wahlen ist das Ergebnis fast schon ein Erfolg."

Die Bierpartei
Dominik Wlazny habe mit diesem Ergebnis und dem Verpassen des Einzugs in den Nationalrat "seine Kandidatur bei der Wien-Wahl zu Grabe getragen. Das wird jetzt in Wien ganz, ganz schwer". Es habe sich auch eines gezeigt: "Nur auf Spaß und 'Wir sind so anders' zu setzen, funktioniert nicht."

Die Rolle Van der Bellens
"Er kann frei agieren. Aber: Er braucht verdammt gute Argumente, wenn er Herbert Kickl nicht mit der Regierungsbildung beauftragt." Auch wenn die Vertrauensbasis zwischen den beiden "freundlich gesagt gestört" sei.

Koalitionen
"ÖVP und SPÖ müssen sich die Frage stellen, was ist schwieriger und komplexer in der Zusammenarbeit: eine Zwei-Parteien-Regierung mit gerade einmal einem Mandat Überhang oder eine Regierung aus drei Parteien. Mancher könnte zu dem Schluss kommen: Eine Zweier-Regierung ist möglicherweise leichter."

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    Heinz-Peter Bader / AP / picturedesk.com

    Auf den Punkt gebracht

    • Meinungsforscher Peter Hajek analysiert im Gespräch mit "Heute" die Auswirkungen des Wahlergebnisses und betont, dass die FPÖ durch klare Positionen und Abgrenzung zu anderen Parteien erfolgreich war
    • Er warnt, dass die ÖVP als Juniorpartner unter Herbert Kickl "tot" wäre und kritisiert die SPÖ für ihre enge Positionierung, während er die Herausforderungen für die Neos, Grünen und andere Parteien beleuchtet
    bob
    Akt.