SPÖ-FPÖ-Streit

"Kickl hat sie verraten": SPÖ fetzt sich mit FP-Chef

Der Streit zwischen Rot und Blau geht in die nächste Runde. SPÖ-Klubobmann Philip Kucher holt nun aus und wirft Kickl Verrat seiner Wählerschaft vor.

Nicolas Kubrak
"Kickl hat sie verraten": SPÖ fetzt sich mit FP-Chef
SPÖ-Klubchef Philip Kucher kritisierte Herbert Kickl (FP) in scharfen Tönen.
Helmut Graf, Sabine Hertel

Rund ein Jahr vor der Nationalratswahl herrscht in Österreich Wahlkampfstimmung pur. Umfragen zufolge gibt die FPÖ mit über 30 Prozent klar den Ton an, mit Respektabstand folgen ÖVP und SPÖ. Für die Roten geht es trotz Personalrochaden und einem neuen Parteivorsitzenden nicht nach oben, in einer (fiktiven) Bundeskanzler-Direktwahl liegt Andreas Babler bei 13 Prozent, FPÖ-Chef Kickl bei 20 Prozent.

"Holprige Monate"

Die Umfragewerte sind für SPÖ-Klubobmann Philip Kucher kein Grund zur Panik. In einem Interview mit der "Kleinen Zeitung" sprach er von "holprigen Monaten vor dem Sommer" und zeigte sich überzeugt, am Parteitag am 11. und 12. November das Zukunftsversprechen zu erneuern – "dass es möglich ist, gutes Leben für alle zu garantieren und niemanden zurückzulassen". Kucher betonte außerdem, dass in der Partei "viel Feuer, Freude und Begeisterung" herrsche.

"Sind Mitte-links positioniert"

"Ich sehe mich als Brückenbauer", antwortete der 42-Jährige auf die Frage, ob er ein Opportunist sei. Schließlich unterstütze der Kärntner bei der SPÖ-Mitgliederbefragung den burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, ist nun Klubobmann der von Doskozil-Gegner Babler geführten Partei. "Mir war es immer wichtig, eine gute Gesprächsbasis zu allen zu haben. (...) Bei der Mitgliederbefragung war es mir ein Anliegen, Farbe zu bekennen", so Kucher.

Mit Babler als Vorsitzenden sei die SPÖ "ganz klar Mitte-links" positioniert. Man mache Politik für die breite Masse der Menschen, die mit ihrer Arbeit das Land am Laufen halten. "Bei der Frage der fairen Vermögensbesteuerung in Österreich etwa haben wir Zustimmungswerte, die über 70 Prozent liegen", erzählte er. 

"Man darf nicht vor Orban buckeln"

Die Sozialdemokratie unter Babler steht für mehr Verteilungsgerechtigkeit oder auch Senkungen der Steuern auf Arbeit. Ein konkreter Vorschlag werde am Parteitag vorgestellt, so die Ankündigung. "Aber ich kann heute schon sagen: Es geht konkret um einen fairen Beitrag der Vermögenden und eine Entlastung der arbeitenden Bevölkerung."

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    Der gebürtige Klagenfurter Philip Kucher ist seit Juni 2023 SPÖ Klubobmann.
    Der gebürtige Klagenfurter Philip Kucher ist seit Juni 2023 SPÖ Klubobmann.
    Helmut Graf

    In puncto Migration bekenne sich Kucher zum (oftmals vergessenen) Integrations-, Migrations- und Asylkonzept, das 2018 unter der Leitung von Doskozil und Kärnten-Landeshauptmann Peter Kaiser präsentiert wurde. Stichwort: "Integration vor Zuzug". Doch gerade Babler bezeichnete das Papier "nur als grobe Orientierung und in der Praxis recht unpraktisch" – Kucher: "Das Doskozil/Kaiser-Papier war und ist unsere geltende Beschlusslage."

    Doch was genau ist das Ziel der SPÖ? Österreich alleine könne nicht alle notleidenden Menschen der Welt retten, betonte der Klubchef. Es gehe um das Bekämpfen von Fluchtursachen und um eine europäische Verteilung. "Das Spiel mit Furcht und Ängsten hilft nicht. Man darf nicht vor Orban buckeln, sondern Druck aufbauen", forderte er.

    "Regierung für hohe Inflation verantwortlich"

    Im Interview kritisierte Kucher einerseits die Regierung, andererseits politische Mitstreiter aus der Opposition. Türkis-Grün sei für die hohe Inflation verantwortlich, Einmalzahlung würden nicht langfristig helfe, sagte er. Das Argument der stabilen Kaufkraft überzeugt ihn nicht: "Was hilft's real den Menschen, die sich an der Supermarktkasse den täglichen Einkauf nicht mehr leisten. Wir haben eine dramatische Schieflage: Die Banken werden an die 20 Milliarden Euro Gewinne schreiben, Übergewinne werden nicht abgeschöpft", kritisierte er.

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    Es gebe in Österreich zudem eine Gewinn-Preis-Spirale. Es sei "unvorstellbar, dass diejenigen, die mit harter Arbeit das Land am Laufen halten, jetzt draufzahlen sollen. Weder wurden Mieten oder Energiepreise gedeckelt noch wurde bei Zinsen eingegriffen". Kucher habe zudem kein Verständnis für milliardenschwere Übergewinne der Energiebranche. "Wir müssen den Energiemarkt neu ordnen", forderte der SPÖ-Klubobmann.

    Er war in jeder Regierungsbeteiligung der Erste, der den kleinen Mann und die kleine Frau verraten hat.
    Philip Kucher (SPÖ)
    über FPÖ-Chef Herbert Kickl

    Kucher geht auf Kickl los

    In ähnlich scharfen Tönen kritisiert auch die FPÖ die Bundesregierung, doch die Freiheitlichen liegen aktuell weit vor der SPÖ. Kucher dazu: "Ich kann das nur selbstkritisch beurteilen: Wir haben und in den letzten Monaten viel zu sehr mit uns selbst beschäftigt", räumte er ein. Kritik an den Blauen, konkret Parteichef Herbert Kickl ließ er dennoch nicht verkneifen. "Herbert Kickl redet vom kleinen Mann. Er war in jeder Regierungsbeteiligung der Erste, der den kleinen Mann und die kleine Frau verraten hat."

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