Technischer Fortschritt

KI erkennt an deiner Stimme, ob du Diabetes hast

Die Fortschritte der künstlichen Intelligenz sorgen für Durchbrüche in der medizinischen Diagnostik. Zehn Sekunden Audio einer Stimme reichen.

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KI erkennt an deiner Stimme, ob du Diabetes hast
Kurz mit Sprachnachricht in der App prüfen, ob ein Diabetes-Risiko besteht? In Zukunft wohl möglich.
Getty Images/iStockphoto

Ein kurzes Gespräch am Telefon könnte bald ausreichen, um Menschen erste verlässliche Hinweise auf eine Diabeteserkrankung zu geben. Ein Team beim Forschungsunternehmen Klick Applied Sciences in Toronto fand heraus, dass nur zehn Sekunden an Audioaufnahmen einer Stimme ausreichen, um bei Patientinnen und Patienten Anzeichen von Diabetes zu erkennen. Möglich wird das dank künstlicher Intelligenz. Das KI-Programm analysiert die Stimme nach subtilen Hinweisen, die wir Menschen kaum wahrnehmen.

Wie ging das Team vor?

Die Abteilung Klick Labs führte eine Studie mit 267 Teilnehmern und Teilnehmerinnen durch, die aktuell Symptome aufwiesen und sich für Diabetes Typ 2 untersuchen ließen. Über zwei Wochen hinweg mussten die Teilnehmenden täglich sechsmal einen Satz auf ihrem Smartphone aufzeichnen. Die Forschenden analysierten über 18.000 Aufnahmen und suchten nach Unterschieden, zwischen positiv und negativ getesteten Personen. 

Genauigkeit von bis zu 89 Prozent

Die künstliche Intelligenz identifizierte dabei 14 akustische Merkmale, die sich bei Menschen mit und ohne Diabetes unterschieden. Mit diesen Merkmalen konnte das Team mit einer Genauigkeit von 89 Prozent bei Frauen Diabetes vorhersagen. Bei Männern waren es 86 Prozent – und dies ganz ohne Bluttest, welcher in der Diagnostik üblich wäre.

Was ist Diabetes und welche Typen gibt es?
Diabetes ist eine Gruppe von Krankheiten, die sich auf die Art und Weise auswirken, wie dein Körper Insulin verwendet. Insulin ist ein Hormon, das den Zucker in deinem Blut reguliert. Die Hauptarten von Diabetes sind Typ 1, Typ 2 und Schwangerschaftsdiabetes. Das sind die wesentlichen Unterschiede:
Typ-1-Diabetes:
Der Körper produziert kein Insulin. Es wird oft in der Kindheit oder Jugend diagnostiziert. Menschen mit Typ-1-Diabetes müssen Insulin spritzen oder eine Insulinpumpe verwenden.
Typ-2-Diabetes:
Der Körper produziert Insulin, kann es aber nicht richtig verwenden. Es wird oft im Erwachsenenalter diagnostiziert, kann aber auch bei Kindern auftreten. Es ist der häufigste Typ von Diabetes und kann oft durch Diät, Bewegung und Medikamente kontrolliert werden.
Schwangerschaftsdiabetes:
Tritt während der Schwangerschaft auf und kann das Risiko für Typ-2-Diabetes erhöhen. Es verschwindet normalerweise nach der Geburt des Babys, kann aber das Risiko für Typ-2-Diabetes in der Zukunft erhöhen.

Was sind das für Merkmale?

Ein wichtiger Hinweis in der Studie sei die Tonhöhe gewesen und wie sich diese zwischen den Aufnahmen veränderte. "Interessant dabei war, dass diese Veränderungen bei beiden Geschlechtern unterschiedlich ausfiel", so die Forschenden. Dabei waren auch Mikrovariationen in der Frequenz der Stimme ausschlaggebend. Menschen könnten solche subtilen Veränderungen nicht verlässlich identifizieren – Programme mit künstlicher Intelligenz aber schon.

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    Tech-Experten und Wissenschaftler warnen vor Künstlicher Intelligenz. Es bestehe ein "Risiko zur Auslöschung der Menschheit".
    Tech-Experten und Wissenschaftler warnen vor Künstlicher Intelligenz. Es bestehe ein "Risiko zur Auslöschung der Menschheit".
    Getty Images

    "Die Stimme kann durch das Atmungssystem, Nervensystem und den Kehlkopf beeinflusst werden. Alles, was diese Systeme beeinflusst, kann sich auch auf die Stimme auswirken", schreiben die Forschenden. Frühere Studien zeigten bereits, dass ein hoher Blutzucker langfristig die peripheren Nerven und Muskelfasern beschädigen, was zu Stimmstörungen führen könnte.

    Wie nützlich sind die Funde?

    Jaycee Kaufman, die an der Studie beteiligt war, erklärte, dass diese Entdeckung die Art und Weise, wie Diabetes-Screenings durchgeführt werden, erheblich verändern könnte. Mit dieser neuen Sprachtechnologie könnte eine große Anzahl von Menschen beispielsweise per Smartphone-App untersucht werden – ohne dass sie sofort eine Arztpraxis aufsuchen müssen. Das könnte besonders nützlich sein, um bisher unerkannte Diabetesfälle zu diagnostizieren. Laut der International Diabetes Federation sind sich etwa 240 Millionen Erwachsene weltweit nämlich nicht bewusst, dass sie an Diabetes leiden

    Klick Labs will die Studie nun mit mehr Menschen wiederholen, um so die Genauigkeit zu verbessern. Diese Art von Diagnostik soll außerdem auf andere Erkrankungen wie Prädiabetes oder Bluthochdruck ausgeweitet werden.

    Die Ergebnisse der Studie wurden in der Fachzeitschrift Mayo Clinic Proceedings: Digital Health publiziert.

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