Virologin klärt auf
Keine Impfung – nächstes Virus breitet sich jetzt aus
Nach Corona, RSV und der Grippewelle kommt es jetzt vermehrt zu Infektionen mit Parainfluenzaviren. Virologin Judith Aberle über die aktuelle Lage.
Die Grippewelle ist endlich vorbei und auch die schlimmste Corona-Welle aller Zeiten haben wir in diesem Winter hinter uns gebracht. Zeit zum Verschnaufen wird unserem Immunsystem dennoch nicht gegönnt. Neben den Rhinoviren, die im Frühling für den klassischen Schnupfen und Erkältungen sorgen, ist jetzt ein neues Virus im österreichischen Sentinelsystem aufgetaucht.
"Laut den Sentineldaten der vergangenen Woche kommt es aktuell vermehrt zu Infektionen mit Parainfluenzaviren", so Judith Aberle, Professorin für Virusimmunologie an der MedUni Wien.
Im Rahmen des Sentinelsystems werden Proben infektiöser Personen am Zentrum für Virologie analysiert und auf Viren, wie Influenza, RSV oder Sars-Cov-2, hin ausgewertet.
Während die Schnupfen- und Erkältungsviren 15 Prozent der 83 im Sentinelsystem analysierten Proben ausmachen, zeigten 16 Prozent Parainfluenzaviren an.
Schwere Atemwegserkrankung
Was das zu bedeuten hat, welche Symptome auf eine Infektion hinweisen und wer sich vor dem Virus, gegen das es keine Impfung gibt, schützen sollte, hat die Virologin im "Heute"-Interview verraten:
Ist die aktuell gestiegene Aktivität der Parainfluenzaviren ungewöhnlich?
Judith Aberle: Die derzeit im Sentinelsystem dominierenden Viren sind Parainfluenzaviren Typ 3, die typischerweise im Frühling verstärkt vorkommen und nach RSV zu den häufigsten Atemwegsviren bei Säuglingen und Kleinkindern zählen. Insgesamt sind die Zahlen aktuell aber auf einem relativ niedrigen Niveau, wenn man das zum Beispiel mit der Zahl der Influenzafälle oder Sars-CoV-2-Fälle vergleicht, die während der Grippesaison oder der letzten Coronawelle verzeichnet wurden.
Ist mit einem weiteren Anstieg zu rechnen?
Erfahrungsgemäß werden diese Infektionen auch in den nächsten Wochen vermehrt auftreten. In den letzten zwei Jahren waren die Nachweisraten in den Sentinelproben bis zum Sommer deutlich erhöht, vor allem bei Kleinkindern unter zwei Jahren.
„Im Unterschied zur Influenza gibt es gegen Parainfluenza bisher keine zugelassene Impfung.“
Was ist der Unterschied zwischen Parainfluenza und Influenza?
Im Unterschied zur Influenzawelle treten Parainfluenzafälle je nach Typ vorzugsweise entweder im Frühling oder Herbst auf. Bei Kindern und Erwachsenen kommt es oft zu grippalen Infekten mit Halsschmerzen, Husten und Fieber. Meistens klingen die Symptome nach drei bis sieben Tagen ab. Im Unterschied zur Influenza gibt es gegen Parainfluenza bisher keine zugelassene Impfung.
Ist eine Infektion mit Parainfluenzaviren gefährlich?
Für ältere Menschen und Personen mit geschwächtem Immunsystem besteht ein erhöhtes Risiko für schwere Atemwegserkrankungen. Die häufigste und am weitesten verbreitete Komplikation bei Kleinkindern ist der Pseudokrupp. Die Symptome entstehen infolge einer Entzündung der Schleimhaut des Kehlkopfes und der oberen Atemwege und sind vielen Eltern wohl bekannt: Bellender, vor allem nachts auftretender Husten, begleitet von pfeifenden Atemgeräuschen und dem Gefühl von Atemnot. Hauptverursacher des Pseudokrupp sind allerdings Parainfluenzaviren Typ 1 und 2, die vor allem im Herbst in verstärktem Ausmaß zirkulieren.
Es gibt noch keine Impfung. Wie kann man sich schützen?
Erkrankte sind einige Tage bis etwa eine Woche nach Auftreten der Symptome ansteckend. Die wirkungsvollste Maßnahme ist das Vermeiden von Kontakten bei Symptomen und das Tragen von Masken in entsprechenden Situationen.
Würden Sie jetzt allgemein wieder zur Maske raten?
Aktuell ist die Aktivität eben eher noch gering, aber sobald die Überwachungssysteme etwas anderes zeigen, sind Masken nach wie vor der beste Schutz vor respiratorischen Viren.
Auf den Punkt gebracht
- Die Virologin Judith Aberle warnt vor vermehrten Infektionen mit Parainfluenzaviren, die nach der Grippewelle und der Corona-Pandemie auftreten
- Obwohl die Infektionszahlen noch relativ niedrig sind, gibt es keine zugelassene Impfung gegen diese Viren, und besonders ältere Menschen und Personen mit geschwächtem Immunsystem sind gefährdet
- Die Virologin empfiehlt das Tragen von Masken als wirksamste Schutzmaßnahme gegen die Verbreitung der Viren