Alles verloren
"Keine Ahnung, wie es weitergeht" – Notlager für Opfer
Sieben Orte wurden am Montag im Tullnerfeld evakuiert. Über 400 Menschen verbrachten die Nacht in der Notunterkunft der Messe Tulln. "Heute" vor Ort.
In der Messe Tulln riecht es nach Gulasch. Das Mittagessen ist gerade voll im Gange, die Menschen, die hier warten, stehen ruhig in einer Schlange und holen sich gemächlich ihre Portion. Ein Stück Normalität, soweit es eben geht, mitten in der großen Flut-Katastrophe.
Aus sieben Orten kamen hier gestern über 400 Menschen an, richteten sich für eine Nacht ein. Ihre Häuser waren viel zu unsicher. Ein Bleiben wäre lebensgefährlich. Manche kamen selbst mit dem Auto, viele mussten von Feuerwehr und Heer aus ihren Häusern gerettet werden. Teilweise wurden sie mithilfe von Staplern und Paletten aus Häusern geholt, die bis zum ersten Stock unter Wasser standen.
Bange Stunden: Ehepaar konnte Sohn nicht erreichen
Wir treffen auf Helmut und Claudia aus Neusiedl. Sie gehören zu jenen, die sicherheitshalber aus ihren Häusern geholt wurden: "Eine Stunde vorher haben wir noch alles kontrolliert. Da war nirgends Wasser", erzählt Helmut.
„Es hat pumpert und sie haben gesagt: Raus! Jetzt!“
Kurz danach wurde ihr Haus von der Feuerwehr evakuiert: "Es hat pumpert und sie haben gesagt: Raus! Jetzt!", erinnert sich Claudia an die Evakuierung.
Ihr gemeinsamer Sohn ist vor kurzem ausgezogen und wohnt etwa neun Kilometer entfernt. "Aber wir konnten ihn nicht erreichen und ihn nicht abholen". Lange Zeit stieg die Nervosität. Happy End: Mittlerweile hat er die beiden besucht und sie wissen, dass es ihm gut geht.
Auch eine Frau, die mit ihrem Hund grade Gassi geht, erzählt uns ihre Geschichte (Foto ganz oben). Sie kam nach der Evakuierung mit dem Wohnmobil in Tulln an: "Bei mir rinnt der Bach durch das Haus, im Keller steht das Wasser sicher 30 Zentimeter hoch. Die Heizung ist natürlich hin. Wie es weitergeht, ich habe keine Ahnung …", schüttelt sie den Kopf.
"Die Feuerwehr und alle reißen sich einen Haxen aus"
"Viele haben alles verloren", erzählt Einsatzleiter Andi Zenker vom Roten Kreuz. Innerhalb kürzester Zeit hat man hier eine Unterkunft für bis zu evakuierten Menschen geschaffen. "Es ist unglaublich, was die Einsatzkräfte hier leisten", erzählt eine Dame, die sich vor der Halle auf dem Weg zum Auto macht. Sie dürfen wieder zurück. Mehr wollte sie nicht erzählen, nur eines wollte sie unbedingt anmerken: "Vielen Dank an alle, die uns hier geholfen haben". "Die Feuerwehr und alle reißen sich einen Haxen aus. Dafür ein großes Danke", merkt ihr Mann im Vorbeigehen an.
Nun heißt es abwarten, wie für so viele von ihnen, die noch immer im Notquartier untergebracht sind.
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In der Mitte der großen Messehalle reiht sich Feldbett an Feldbett. Draußen ist der Polizeihubschrauber zu hören, der seine Runden über Tulln zieht und die Lage kontrolliert.
Von der Kinderspielecke schallt ab und an Kinderlachen durch den Raum. "Aber die spielen eh überall" schmunzelt Andi Setzer, trotz der schwierigen Situation. Gemeinsam mit dem Kriseninterventionsteam werden hier die Menschen versorgt, so gut es geht. Dauermedikamente werden besorgt und man versucht die Menschen mit Gesprächen abzuholen, will ihnen zeigen, dass sie nicht alleine sind.
Bildstrecke: Flut-Katastrophe: "Habe seit Samstag kein Auge zugetan"
"Manche gehen und schauen nach, wie es vor Ort ist", erzählt der Einsatzleiter. Viele haben alles verloren und wollen wissen, wann sie wieder zurückkönnen. Aber derzeit ist vieles noch offen, auch wenn vor der Halle mittlerweile hier und da die Sonne durch die Wolken blitzt.
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Die Messe Tulln dient als Notunterkunft für über 400 Menschen, die aufgrund der Flutkatastrophe aus sieben Orten evakuiert wurden
- Trotz der schwierigen Situation bemühen sich Einsatzkräfte und das Kriseninterventionsteam, den Betroffenen so gut wie möglich zu helfen, während viele von ihnen noch ungewiss sind, wie es weitergeht